Die meistgesuchte Wohnung in Deutschland hat etwa 60 Quadratmeter und kostet um die 600 Euro Kaltmiete. Das ergab eine Analyse des Vermietungsportals Immo Scout24. Im Schnitt interessieren sich rund 1500 potenzielle Mieterinnen und Mieter für ein solches Objekt, das nicht in Hoyerswerda oder im Saale-Orla-Kreis liegt, sondern in den Metropolen München, Hamburg, Köln oder Frankfurt am Main. Und noch extremer ist die Lage in Berlin: Hier kommen auf ein Inserat etwa 4000 Interessierte. Den Zuschlag aber, den bekommt nur eine oder einer. Die anderen gehen leer aus.
Der Mietmarkt in deutschen Städten ist angespannt. Bezahlbarer Wohnraum ist Mangelware. Bundesbauministerin Klara Geywitz (SPD) präsentierte jetzt eine Lösung, auf die sonst niemand gekommen wäre. „Zieht doch raus aufs Land!“ ist die folgenrichtige Formel der Politikerin, die ihr Vorhaben, 400.000 neue Wohnung pro Jahr zu bauen, weit verfehlt.
Wohnraum ohne Infrastruktur funktioniert nicht
Klingt einfach, ist es aber nicht. Geywitz schätzt den bundesweiten Leerstand im Umland und in kleineren Städten auf etwa 2.000.000 Wohnungen. Mit warmen Worten wie „Kinderbetreuung“ oder „Einkaufsmöglichkeiten“ versucht die Ministerin all diese, dem Verfall geweihten Buden, an die Frau oder an den Mann zu bringen. Homeoffice macht es möglich und viel Grün gibt es obendrauf.
Was sie dabei aber verschweigt, ist, warum dieser Wohnraum ungenutzt bleibt. In den allermeisten Fällen veröden kleine Orte aus Mangel an Infrastruktur. Weil der Bus nur zwei Mal am Tag die Haltestelle ansteuert und die Dorfkneipe schon vor zehn Jahren dicht gemacht hat. Weil Aldi, Lidl und Co. in sogenannten „Clustern“ irgendwo im nirgendwo, an einem Ort in der Region angesiedelt sind und die nächste Hausärztin auch erst in 50 Kilometer Entfernung aufzufinden ist. Wo Highspeed-Internet ein Traum bleibt und die weiterführende Schule mit anderen aus der Umgebung zusammengelegt wurde, Anfahrtszeit etwa eine Stunde.
Was Geywitz ebenfalls unbeachtet lässt ist, dass Wohnungssuchende in ihrer sozialen Umgebung bleiben möchten. Da, wo die Kinder Freundschaften haben, da, wo der geliebte Strickkurs stattfindet, dort, wo man sich seit vielen Jahren in der Gemeinde engagiert. Die meisten haben ein Netzwerk gesponnen, das sie nicht leichtfertig aufgeben möchten. Ein Umzug ist eine Zäsur und dieser Neuanfang ist nichts schwache Nerven.