Der Angriff auf eine Synagoge in Berlin und israelfeindliche Parolen auf pro-palästinensischen Demonstrationen haben Entsetzen und Empörung ausgelöst. „Das wollen und das werden wir in Deutschland nicht dulden“, sagte Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier am Mittwoch im thüringischen Meinungen. Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) erklärte auf der Internetplattform X, vormals Twitter, Anschläge auf jüdische Einrichtungen und gewalttätige Ausschreitungen seien „menschenverachtend, abscheulich und nicht zu dulden“. Im Bundestag wurde in einer Aktuellen Stunde über Konsequenzen aus den jüngsten Ereignissen debattiert. Die Union forderte Rechtsverschärfungen. Das ist aber offensichtlich vonseiten der Regierung nicht geplant.
„Der Instrumentenkasten des Strafrechts ist gefüllt“, sagte der Parlamentarische Staatssekretär im Bundesjustizministerium, Benjamin Strasser (FDP) im Bundestag. „Wer Molotowcocktails auf Synagogen wirft, macht sich strafbar. Wer jüdische Menschen angreift, weil sie jüdisch sind, macht sich strafbar“, führte er aus. Ein Problem sieht er eher bei der Verfolgung antisemitischer Taten. Es dürfe nicht sein, dass Anzeigen im Sande verlaufen oder eingestellt werden. Bundesjustizminister Marco Buschmann (FDP) sei darüber mit den Bundesländern im Gespräch, sagte Strasser.
Strasser forderte aber auch eine schonungslose Analyse der Fehler im Kampf gegen Antisemitismus. Trotz offenkundig vieler Bemühungen aller demokratischen Parteien sei es nicht gelungen, Antisemitismus wirksam in die Schranken zu weisen. „Deutschland ist kein sicherer Ort für jüdisches Leben“, sagte er. Bundesfamilienministerin Lisa Paus (Grüne) betonte bei der Debatte im Bundestag, man stehe an der Seite der Jüdinnen und Juden in Deutschland.
Die Parlamentarische Staatssekretärin im Bundesinnenministerium, Rita Schwarzelühr-Sutter (SPD), zählte in ihrer Rede auf, was in der Vergangenheit bereits gegen Antisemitismus getan worden sei, auch im Bereich des Strafrechts, etwa dass sich antisemitische Motive einer Tat inzwischen verschärfend auf das Strafmaß auswirken. Zudem betonte sie erneut die Vorhaben der Regierung, ein Betätigungsverbot für die Hamas und die Gruppierung „Samidoun“ erlassen und Hamas-Unterstützer ausweisen zu wollen.
Der CDU-Politiker Jürgen Hardt sagte, ihn enttäusche, dass die Regierung „in 27 Minuten Redezeit nicht mehr sagt als alles, was wir schon wissen“. Sein Fraktionskollege Alexander Hoffmann (CSU) hatte zuvor drei Forderungen als Konsequenz aus den jüngsten Ausschreitungen gefordert, darunter die Ausweisung von Menschen, „die Antisemitismus und Israelhass auf die Straße bringen“. Die Union fordert zudem, das Strafmaß für Volksverhetzung auf eine Mindeststrafe von sechs Monaten heraufzusetzen und ein Bekenntnis zum Existenzrecht Israels zur Voraussetzung für eine Einbürgerung zu machen. Die Ampelkoalition plant im Zuge der Reform des Staatsangehörigkeitsrechts, dass eine Einbürgerung nach antisemitischen Handlungen nicht möglich sein soll.
In der Nacht zu Mittwoch warfen nach Polizeiangaben zwei vermummte Personen Molotow-Cocktails auf eine Synagoge in Berlin-Mitte. „Wir alle sind erschüttert über diesen Terroranschlag“, erklärte der Zentralrat der Juden. Ebenfalls in der Nacht zu Mittwoch war es in Berlin-Neukölln zwischen pro-palästinensischen Demonstranten und der Polizei zu gewaltsamen Auseinandersetzungen gekommen. Parteiübergreifend wurden die Taten kritisiert.
Vertreter von Regierung und Parlament sehen angesichts der jüngsten Ereignisse auch die deutschen Islamverbände in der Pflicht, sich von israel- und judenfeindlichen Aktionen zu distanzieren. Sie erwarte von deren Seite eine „klare Haltung“, sagte Innenstaatsekretärin Schwarzelühr-Sutter (SPD). Nach ihren Angaben hat es am Dienstag im Bundesinnenministerium ein Treffen mit Vertretern von elf Islamverbänden gegeben, bei dem es Einigkeit in der Verurteilung der Gräueltaten der Hamas gegeben habe.