Reisen Flüchtlinge in ihre Heimat, droht der Entzug des Schutztitels. Zugleich überlegt das Bundesinnenministerium, syrischen Flüchtlingen eine Erkundungsreise in ihr Land zu ermöglichen, um eine Rückkehr zu prüfen.
Das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (Bamf) hat Verfahren gegen mehr als 2.000 Flüchtlinge angelegt, die in den vergangenen Monaten entgegen bestehendem Recht in ihre Heimat gereist sind. Das geht aus einer Anfrage der “Welt am Sonntag” bei der Behörde hervor. Am Ende des Verfahrens steht ein möglicher Entzug des Schutztitels in Deutschland.
Zwischen dem 1. November 2024 und dem 31. März 2025 seien insgesamt 2.157 Widerrufsprüfverfahren aufgrund zeitweiser Heimreisen in das Herkunftsland angelegt worden, sagte ein Sprecher des Bundesamtes. Die häufigsten Heimreiseländer waren in diesem Zeitraum Irak mit 762 Fällen, Syrien mit 734 Fällen, Afghanistan mit 240 Fällen, Iran mit 115 Fällen und die Türkei mit 31 Fällen.
Sobald das Amt von einer Heimreise erfahre, lege es eine “Widerrufsakte an, um den Vorgang zu dokumentieren”, sagte der Sprecher weiter. “Für das Herkunftsland Syrien gilt derzeit aber ein temporärer Verfahrensaufschub, das heißt, die Verfahren werden derzeit nicht weiter bearbeitet.” Grundsätzlich kann der Schutzstatus aus mehreren Gründen geprüft und widerrufen werden, etwa wenn sich die Lage im Herkunftsland geändert hat oder wenn Betroffene schwer straffällig wurden.
Die Regeln für Heimreisen von Flüchtlingen wurden zuletzt noch einmal verschärft. Seit dem 31. Oktober 2024 gilt, dass die Voraussetzungen für Schutz in der Regel nicht mehr vorliegen, wenn Betroffene in ihre Heimat reisen. Ausnahmen bestehen, “wenn die Reise sittlich zwingend geboten ist”. Schutzberechtigte sind seitdem “verpflichtet, Reisen in ihren Herkunftsstaat sowie den Grund der Reise vor Antritt der Reise gegenüber der zuständigen Ausländerbehörde anzuzeigen”.
Unterdessen teilte das Bundesinnenministerium mit, dass seit dem Sturz des Regimes von Baschar Al-Assad 464 Syrerinnen und Syrer mit einer finanziellen Förderung des Bamf freiwillig in ihre Heimat zurückgekehrt seien. Es bestehe zudem seit 2017 die Möglichkeit, freiwillige Ausreisen nach Syrien durch Programme der Bundesländer zu fördern. 2024 seien 87 Syrer im Rahmen dieses Verfahrens gefördert worden, 2025 bisher 31, berichtete das Redaktionsnetzwerk Deutschland.
Im Rahmen des Bundesprogramms können nach Angaben des Bamf Reisekosten, finanzielle Starthilfe sowie bei Bedarf medizinische Kosten gefördert werden. Pro Familie gibt es maximal 4.000 Euro Starthilfe.
Darüber hinaus war bekannt geworden, dass das Bundesinnenministerium ein Konzept entwickelt hat, das syrischen Flüchtlingen kurzzeitige Erkundungsreisen in die Heimat ohne Auswirkungen auf den Asylstatus ermöglichen soll. Ziel sei es, dass die Menschen sich vor Ort ein Bild darüber machen könnten, ob eine Rückkehr zum aktuellen Zeitpunkt sinnvoll sein könnte. Die Reisen – einmal für die Dauer von bis zu vier Wochen oder zweimal für die Dauer von bis zu zwei Wochen – müssten angemeldet werden, betonte eine Sprecherin des Innenministeriums am Mittwoch. Sie dürften ausschließlich dem Zweck dienen, eine freiwillige Rückkehr zu ermöglichen. Auch auf EU-Ebene werde derzeit über ein solches Konzept beraten.