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Bei Bezahlkarte für Geflüchtete droht ein Flickenteppich

Von Bayern bis Bremen: Ein Flickenteppich entsteht. Die Einführung der Bezahlkarte für Geflüchtete verläuft uneinheitlich und langsam. Welche Unterschiede bei der Umsetzung bestehen, zeigt eine bundesweite Recherche.

Die Einführung einer einheitlichen Bezahlkarte für Geflüchtete kommt in den Bundesländern voran, ist aber noch nicht überall auf der Zielgeraden. Zudem unterscheiden sich die jeweiligen Regeln für den Einsatz der Karte, wie eine Recherche der Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA) ergab. So gibt es Abweichungen etwa bei der Obergrenze für das Abheben von Bargeld oder der regionalen Beschränkung.

Mit Hessen und Niedersachsen begannen zwei größere Länder in dieser Woche mit der Ausgabe der Karten. In Ländern wie Baden-Württemberg und Sachsen-Anhalt gibt es sie bereits seit ein paar Wochen. Andere Länder wie Nordrhein-Westfalen oder Sachsen werden die technisch einheitliche Karte an Asylbewerber erst ab dem kommenden Jahr verteilen.

In vielen Ländern erhalten zunächst neu ankommende Schutzsuchende in den Erstaufnahmeeinrichtungen eine Bezahlkarte. Erst danach ist vorgesehen, sie auch in den Kommunen zu verteilen. NRW, wo der Landtag voraussichtlich in dieser Woche über eine gesetzliche Regelung entscheidet, könnte es Kommunen freistellen, ob sie die Karte übernehmen. Hamburg begann bereits im Februar in einem Pilotprojekt, flächendeckend Bezahlkarten an Neuankömmlinge auszugeben. In Sachsen und Thüringen verteilten zahlreiche Landkreise vor Monaten erste Karten.

Bund und Länder hatten sich prinzipiell bereits im vergangenen Jahr darauf verständigt, statt Bargeld künftig eine Bezahlkarte an geflüchtete Menschen auszugeben. Befürworter versprechen sich davon unter anderem, dass künftig weniger Anreize bestehen, in Deutschland Schutz zu suchen. Migrationsexperten bezweifeln diesen Effekt jedoch. Auch sollen Verwaltungen durch das Wegfallen der Bargeldausgabe entlastet und Zahlungen an Schleuser oder Angehörige im Ausland verhindert werden. Menschenrechtler beklagen eine Diskriminierung.

Nach der Einigung dauerte es zunächst noch bis Ende April dieses Jahres, bis die Möglichkeit einer guthabenbasierten Karte in das Asylbewerberleistungsgesetz aufgenommen wurde. Bis dahin hatten sich 14 Bundesländer auf ein gemeinsames Vergabeverfahren verständigt. Bayern und Mecklenburg-Vorpommern wollen eigene Wege gehen. Bayern konnte bereits im Sommer melden, dass die flächendeckende Einführung der Bezahlkarte im Freistaat abgeschlossen sei. Mecklenburg-Vorpommern führt die Karte ebenfalls zunächst in Erstaufnahmeeinrichtungen ein. In Landkreisen und kreisfreien Städten soll sie im Frühjahr 2025 verfügbar sein.

Die geplante gemeinsame Vergabe an einen Dienstleister durch die 14 anderen Länder verzögerte sich dagegen über Monate. Ein unterlegener Bieter in dem Verfahren hatte Beschwerde eingelegt. Erst Ende September konnten die Länder den Zuschlag erteilen. Seitdem gehen sie eigenständig bei der Umsetzung vor.

So plant etwa Bremen, das die Karte voraussichtlich im ersten Quartal 2025 ausgeben wird, eine Obergrenze für Bargeldabhebungen von 120 Euro pro Person und Monat. Auch in Thüringen sollen nach bisherigem Stand bis zu 120 Euro freigegeben werden. Im Juni hatten sich die Regierungschefinnen und -chefs der Länder auf eine Obergrenze von 50 Euro geeinigt. Allerdings gaben damals Bremen, Rheinland-Pfalz und Thüringen abweichende Erklärungen zu Protokoll.

In Berlin einigten sich CDU und SPD nach langen Verhandlungen erst im November auf eine Lösung: Danach soll die Obergrenze zwar bei 50 Euro liegen, aber sechs Monate nach Erhalt der Karte automatisch wegfallen. In Brandenburg können Erwachsene 50 Euro pro Monat abheben, für Minderjährige gelten 25 Euro als Obergrenze. In Einzelfällen sind höhere Beträge möglich.

Eine solche Erhöhung in existenznotwendigen Fällen gewährt auch Sachsen-Anhalt, wo die Einführung der Bezahlkarte im November begann. In dem Land kann die Karte dafür nicht für Online-Käufe und für Überweisungen und Lastschriftabbuchungen nur in Ausnahmefällen genutzt werden. Andere Länder wie das Saarland wollen die Onlinenutzung hingegen nicht einschränken.

In Schleswig-Holstein, wo die Landesregierung die Einführung ab 2025 plant, soll die Karte laut einem Kabinettsbeschluss aus dem Oktober ausschließlich im eigenen Land einsetzbar sein. Unter anderem Baden-Württemberg führt Negativlisten, auf denen zum Beispiel Online-Plattformen stehen, die Geldtransfers ins Ausland anbieten. NRW will Glücksspiel und sexuelle Dienstleistungen ausschließen.

Gerade mögliche Geldtransfers und Überweisungen ins Ausland gehörten zu den häufig vorgebrachten Argumenten in der mitunter hitzig geführten Debatte rund um die Einführung der Karte. Eine Studie des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung kam derweil Anfang Dezember zu dem Schluss, dass Geflüchtete deutlich seltener Geld ins Ausland überweisen als Migranten ohne Fluchthintergrund.