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Zwei Räder für ein Halleluja

Mit dem Fahrrad zum Kirchentag: “Brot für die Welt” organisiert eine bundesweite Sternfahrt. So plant eine Gruppe aus Flensburg ihre Rad-Reise über 480 Kilometer.

Startklar: Petra Hansen mit ihrem Fahrrad an der Flensburger Förde
Startklar: Petra Hansen mit ihrem Fahrrad an der Flensburger FördePrivat

Petra Hansen hat mit sechs Jahren Fahrradfahren gelernt. Heute ist sie 61 und tritt immer noch lieber in die Pedale als aufs Gaspedal. Entsprechend begeistert war sie, als ihr ein Flyer über die „Brot-Fahrradtour“ in die Hände fiel: Vom Diakonie-Sitz in Rendsburg soll es auf zwei Rädern zum Deutschen Evangelischen Kirchentag nach Hannover gehen. Acht Tage für 480 Kilometer. „Es ist meine erste Anreise zu einem Kirchentag mit dem Fahrrad. In den Vorjahren bin mit dem Bus oder der Bahn angereist“, erzählt die Flensburgerin.

Zum Stuttgarter Kirchentag 2015 rief das evangelische Hilfswerk „Brot für die Welt“ erstmals dazu auf, klimaneutral mit dem Fahrrad das Protestantentreffen anzusteuern. Die Schlussetappe bewältigen die Teilnehmenden jedes Mal gemeinsam. Am 30. April treffen sich daher alle, Gruppen wie einzelne Radler aus ganz Deutschland, in Hildesheim. Dann radeln sie die letzten 35 Kilometer bis zur Kirchentagsstadt. Mehr als 130 Teilnehmende haben sich bereits angemeldet, Gruppen und Einzelpersonen, ob aus Niedersachsen, Bayern oder eben Schleswig-Holstein.

Pilger-Radtour zum Kirchentag ist klimaneutral

Dort organisiert Diakonie-Referent Pastor Torsten Nolte die besondere Anreise als Pilger-Radtour. „Der Grundgedanke ist, dass wir klimaneutral anreisen. Der zweite Aspekt ist das Pilgern; dass wir Zeit haben für andere Gedanken, dass wir Zeit haben für Entschleunigung“, sagt er. Die Streckenführung übernimmt Jürgen Möller, Tour-Guide des Allgemeinen Deutschen Fahrrad-Clubs und Pilgerbegleiter der Landeskirche Hannovers.

Hannover mit seiner Marktkirche ist das Ziel der Rad-Tour zum Kirchentag
Hannover mit seiner Marktkirche ist das Ziel der Rad-Tour zum Kirchentagepd-bild / Nancy Heusel

„Ich finde es gut, zu reduzieren und auch auf Komfort zu verzichten“, sagt Petra Hansen. Denn die 22-köpfige Gruppe wird in Gemeindehäusern übernachten, die teils keine Duschen haben. „Ich packe einfach zwei Waschlappen ein“, sagt die Norddeutsche. Neben anderen auf Isomatten auf hartem Boden zu übernachten, störe sie wenig, ebenso das gemeinsame Zubereiten der Mahlzeiten. „Für mich bedeutet Kirchentag Gemeinschaft. Ich freue mich darauf, diese Gemeinschaft schon bei der Anreise zu erleben“, sagt sie.

Eine Gemeinschaft, die jeden Tag nach einem Reisesegen aufbricht und morgens und abends Andachten feiert. „Es soll dann zum Beispiel um die Frage gehen, in was für einer Welt wir leben wollen“, sagt Torsten Nolte.

Reisesegen für die Rad-Gruppe

„Für mich ist das nicht nur eine Radtour, sondern auch eine Pilgertour“, sagt Hansen. „Gott wird im Alltag präsent sein.“ Sie freue sich auf das Unterwegssein mit Reisesegen, schätze sie das Ritual doch selbst. Grund zur Vorfreude seien auch die unterschiedlichen Kirchengemeinden, die zur spartanischen Pilgerherberge werden. Die Gruppe übernachtet in Preetz, Curau, Mölln, Lüneburg, Bad Bodenteich und Müden/Aller. „Die Kirchengemeinden sind unsere Basis“, sagt Nolte. „Wir erleben hier eine große Gastfreundschaft. Das Schöne ist, dass auch Landeskirchengrenzen verschwimmen. Wir sind überall Kirche“, weiß er aus den vorherigen vier Touren.

Den Besuch der Nordlichter nimmt der Kirchenkreis Lüneburg sogar zum Anlass für eine Veranstaltung. „Klima und Klang“ heißt es am Samstag, 26. April, um 19.30 Uhr im Lüneburger Wasserturm.

Rad-Pilgernde machen auf Projekt in Bangladesch aufmerksam

„Ich finde es gut, dass wir für ‚Brot für die Welt‘ unterwegs sind“, sagt Petra Hansen. Denn die Organisation macht mit der Tour auch auf ein Hilfsprojekt in Bangladesch aufmerksam. Hier zerstört der Klimawandel eine Küstenregion und ihre Menschen: Wirbelstürme verursachen hohe Flutwellen, die übers Ufer treten und Böden versalzen. Äcker – und damit Ernten – werden so zerstört. Jetzt wird unter anderem salzresistentes Saatgut zur Verfügung gestellt. „Das Projekt passt gut zu uns in Schleswig-Holstein, weil wir zwischen den Meeren leben“, sagt Hansen. „Auch hier führen Sturmfluten immer wieder zu Überschwemmungen.“

„Wir erklären uns solidarisch mit den Menschen, die im globalen Süden leben“, ergänzt Nolte. Er sagt, dass bereits das Fahrrad einen Unterschied mache. Was in Deutschland für Freizeit steht, bedeutet in anderen Ländern, dass Menschen nicht zu Fuß gehen müssen. „Das Fahrrad ist ein Transportmittel. Menschen holen damit etwa Wasser – oder sie können damit beispielsweise Waren zum Markt bringen.“ Auch das läuft bei den  Norddeutschen anders: Sie müssen kein Gepäck in ihren Satteltaschen transportieren. Ein Fahrzeug begleitet sie dafür.