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Weil begrüßt Einigung auf eine EU-Asylreform

Niedersachsens Ministerpräsident Stephan Weil (SPD) hat die Einigung der EU-Gremien auf eine Reform des gemeinsamen Asylrechts gelobt. Es sei gut, dass Einvernehmen über eine einheitliche Asylpolitik hergestellt werden konnte, sagte Weil am Mittwoch in Hannover. Damit könnten die Voraussetzungen dafür geschaffen werden, dass diejenigen, die Schutz und Hilfe benötigten, nach Europa kommen und dort bleiben könnten. „Alle diejenigen, die sich zwar aus guten Gründen auf den Weg gemacht haben, aber aus vergleichsweise sicheren Heimatländern kommen, sollen möglichst gar nicht erst in Europa Fuß fassen.“

Weil äußerte die Hoffnung, dass die vereinbarten rechtlichen Regelungen von allen Mitgliedstaaten in Europa konsequent angewendet würden. „Kein Land darf sich der gemeinsamen Verantwortung für die Garantie des Rechts auf politisches Asyl entziehen.“

Der Osnabrücker Migrationsforscher Jochen Oltmer hingegen beurteilt die Einigung die Asylreform skeptisch. Die Grundprobleme, etwa die Überlastung der europäischen Grenzstaaten, blieben bestehen oder verschärften sich sogar noch, sagte Oltmer dem Evangelischen Pressedienst (epd). „Deshalb ist nicht davon auszugehen, dass die nun beschlossenen Grenzverfahren in absehbarer Zeit schnell und reibungslos funktionieren werden.“

Er befürchte, dass es in den geplanten Inhaftierungslagern zu ähnlich katastrophalen Verhältnissen wie im Lager Moria kommen werde, sagte der Historiker am Institut für Migrationsforschung und Interkulturelle Studien der Universität Osnabrück. In dem für 2.800 Personen konzipierten Lager auf der griechischen Insel Lesbos lebten zwischen 2015 und 2020 zeitweilig 20.000 Menschen.

Länder wie Italien und Griechenland laufe das Asylsystem aufgrund der Überlastung kaum noch in geregelten Bahnen. Auch für eine schnelle Rückführung abgelehnter Asylbewerber sieht Oltmer keine realistische Perspektive. „Es läuft alles darauf hinaus, dass die Inhaftierungslager schnell hoffnungslos überfüllt sein werden.“

Die internationale Kinderrechtsorganisation terre des hommes reagierte mit Entsetzen auf die Einigung bei der EU-Asylrechtsreform. Die Verschärfung des Asylrechts schaffe „die Grundlage für den Ausverkauf allgemeingültiger Kinderrechte in der EU und damit das Ende des europäischen Wertesystems“, teilte das in Osnabrück ansässige Kinderhilfswerk mit.

Migrations- und Rechtsexpertin Sophia Eckert kritisierte unter anderem, dass auch Minderjährige für die beschlossenen Grenzverfahren inhaftiert werden dürften. „Vielen der Kinder und Jugendlichen droht nun ein Leben hinter Stacheldraht in isolierten Haftzentren.“

EU-Staaten, Parlament und Kommission hatten sich am Mittwochmorgen auf eine massive Verschärfung des Asylrechts geeinigt. Ein zentrales Element der Reform ist, dass ankommende Asylbewerber mit geringer Bleibechance schneller und direkt von der EU-Außengrenze abgeschoben werden sollen. Menschen mit ungünstiger Asyl-Perspektive sollen in Lagern inhaftiert werden. Ihr Anspruch auf Asyl soll dann direkt vor Ort und innerhalb von zwölf Wochen in einem Schnellverfahren geprüft werden. Wer keine Aussicht auf Asyl hat, soll direkt abgeschoben werden.