Thüringen ist dem aktuellen Lobbyranking von Transparency International zufolge das Bundesland mit den besten und meisten Regeln für eine saubere Politik. Nur der Bund schneidet laut der am Dienstag in Berlin vorgestellten Rangliste noch besser ab. Rheinland-Pfalz landet bei dem Ländervergleich nur noch im hinteren Teil, Hessen im Mittelfeld. Die Anti-Korruptions-Organisation bewertete die Politik der Länder und des Bundes nach vier Transparenz-Kriterien.
Bereits bei der vorangegangenen Auswertung 2022 lag Thüringen an der Spitze. Im Jahr 2021 hatte Transparency zum ersten Mal erhoben, wie es um die Regeln für Integrität und Transparenz in der Politik steht, weil sich bis dahin auf Länderebene nur wenig getan hatte. Auf Thüringen folgen Bayern und Baden-Württemberg. Klares Schlusslicht ist Bremen, nach Sachsen-Anhalt, Niedersachsen und Rheinland-Pfalz.
Bei Rheinland-Pfalz bemängelt Transparency International fehlende Regelungen zu Karenzzeiten für Amtsträger. Aus dem Amt ausscheidende Minister könnten „bereits am darauffolgenden Tag“ eine wirtschaftliche Tätigkeit in ihrem bisherigen Zuständigkeitsbereich aufnehmen. Auch gebe es keine Informationspflicht darüber, welche Eingaben von Lobbyorganisationen Eingang in Gesetzgebungsverfahren finden. In Hessen sieht die Anti-Korruptions-Organisation ebenfalls Verbesserungsbedarf. Die Karenzzeit im Land beträgt maximal 18 Monate, allerdings seien bei Verstößen keine Sanktionen vorgesehen.
Insgesamt fehle es am politischen Willen, sich Regeln für eine saubere Politik zu geben, bilanzierte Norman Loeckel von Transparency: 13 der 16 Bundesländer erfüllten nicht einmal die Hälfte der Kriterien für mehr Transparenz. Dennoch hätten sich fast alle Länder gegenüber der Auswertung von 2022 leicht verbessert. Loeckel wies auf eine interessante Entwicklung hin: Länder, die bereits gut dastehen, verbessern sich weiter. Im Mittelfeld fallen die Fortschritte geringer aus, und am Ende der Rangliste tue sich kaum etwas.
Ob eine Landesregierung ein Bewusstsein für saubere Vorgänge in der Politik hat, hängt Loeckel zufolge nicht von den Parteien ab, die sie tragen, sondern viel mehr davon, wie lange sie schon an der Macht sind. In Bremen regiert seit dem Zweiten Weltkrieg durchgehend die SPD – in Bayern die CSU. Doch bilde Bayern zugleich die Ausnahme von der Regel: Ereignisse wie die Maskenaffäre um die Politiker-Tochter Andrea Tandler und der Wirecard-Skandal hätten im Freistaat zu besseren Regeln geführt, sagte Loeckel.
Transparency bewertet, bis zu welchem Anteil vier Kriterien für eine gute Regierungsführung erfüllt werden. Dazu zählt ein Lobbyregister über den Einfluss von Interessensverbänden. Der legislative Fußabdruck soll dokumentieren, wie und mit wessen Beteiligung ein Gesetzentwurf entstanden ist. Die Karenzzeit schreibt vor, dass Regierungsmitglieder eine Wartezeit einhalten müssen, bevor sie in die Privatwirtschaft wechseln. Schließlich sollen die Abgeordneten der Parlamente Verhaltensregeln einhalten. Dazu zählen die Offenlegung von Nebentätigkeiten oder möglicher Interessenkonflikte sowie von Spenden.
Während alle Bundesländer Verhaltensregeln für Abgeordnete haben, sieht es bei den Lobbyregistern und dem legislativen Fußabdruck anders aus. Sechs Bundesländer führen gar keine Lobbyregister, weitere sechs haben Verzeichnisse, die nicht sehr aussagekräftig sind. Bei der Dokumentation der Gesetzgebung (legislativer Fußabdruck) liegt Thüringen einsam an der Spitze, noch vor dem Bund. In neun Bundesländern, darunter Hessen und Rheinland-Pfalz, wird gar nicht dokumentiert, wie ein Gesetzentwurf entstanden ist, in drei weiteren nur unzureichend.