In der politisch umstrittenen Frage eines AfD-Verbotsverfahrens rät Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier zu einer sorgsamen Abwägung. „Das Bundesverfassungsgericht hat die Hürden sehr hoch gelegt. Ob ein solcher Antrag gestellt wird, sollte deshalb sorgsam abgewogen werden“, sagte Steinmeier während eines Besuchs in Neuruppin der „Märkischen Allgemeinen Zeitung“, die zum Redaktions-Netzwerk Deutschland gehört. Unterdessen warnte Bundesinnenminister Alexander Dobrindt (CSU) seine CDU-Kollegen im Osten vor einer Zusammenarbeit mit der AfD.
Steinmeier forderte verstärkte Anstrengungen der demokratischen Parteien, um verloren gegangenes Vertrauen zurückzugewinnen. „Vertrauen kriegt man nur wiederhergestellt, wenn Politik mit den Erwartungen der Menschen klug umgeht. Das heißt nicht unbedingt, dass jede Erwartung erfüllt werden kann“, sagte er. Demokratie heiße auch, „nach Kompromissen zu suchen und diese so anzulegen, dass sich möglichst viele Interessen darin wiederfinden“.
Dobrindt: Warnung vor Zusammenarbeit mit AfD
Dobrindt warnte CDU-Politiker im Osten vor einer Zusammenarbeit mit der AfD. „Ich kann nur davor warnen, solchen Überlegungen zu folgen“, sagte er dem „Focus“ in einem am Mittwochabend online veröffentlichten Interview. „Die AfD ist eine Partei, die man bekämpfen muss, und keine Partei, mit der man kuscheln kann.“ Nach wie vor gehe die größte Gefahr in Deutschland vom Rechtsextremismus aus, betonte der CSU-Politiker. „Wir dürfen aber nicht die Augen davor verschließen, dass wir es auch mit anderen erheblichen Gefährdungen zu tun haben, zum Beispiel Islamismus und Linksextremismus.“
Die Frage eines AfD-Verbotsverfahrens ist unter den Koalitionsparteien CDU/CSU und SPD umstritten. Zuletzt hatte die SPD auf ihrem Parteitag am Wochenende einen Antrag zur Prüfung eines solchen Verfahrens beschlossen. Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU) und Innenminister Dobrindt haben sich hingegen skeptisch zu einem möglichen Verfahren geäußert.
AfD weht sich juristisch gegen Einstufung
Das Bundesamt für Verfassungsschutz hatte die AfD Anfang Mai als „gesichert rechtsextremistische Bestrebung“ eingestuft. Dagegen geht die AfD juristisch vor. Die Hochstufung hatte die Debatte über ein Verbotsverfahren gegen die Partei erneut in Gang gebracht. Ein Parteiverbotsverfahren kann nur von Bundestag, Bundesrat und Bundesregierung initiiert werden. Die Entscheidung, ob eine Partei verfassungswidrig ist, liegt beim Bundesverfassungsgericht.