Er bahnte der ersten deutschen Demokratie den Weg und sicherte ihr Überleben gegen Angriffe von Rechts und Links: Der Sozialdemokrat Friedrich Ebert, seit 1919 Reichspräsident, starb vor 100 Jahren.
Er war “ein Mann aus dem Volk”. Und wurde 1919 zum ersten demokratischen Staatsoberhaupt Deutschlands gewählt. Vom Sattler zum Präsidenten: Vor 100 Jahren, am 28. Februar 1925, starb Reichspräsident Friedrich Ebert völlig überraschend im Alter von 54 Jahren.
Der Sozialdemokrat wurde am 4. Februar 1871 als siebtes von neun Kindern des Schneiders Karl Ebert in der Heidelberger Altstadt geboren. Er wuchs im Milieu der Kleinhandwerker, Arbeiter und Tagelöhner auf. Ebert absolvierte eine Lehre als Sattler und ging anschließend auf Wanderschaft. Er schloss sich der Gewerkschaft und der SPD an und stand damit auf der “schwarzen Liste” der Polizei. Deshalb musste er ständig seinen Wohnort wechseln.
Von Bremen aus startete der SPD-Mann dann seine politische Karriere. 1893 arbeitete er als Redakteur bei der “Bremer Bürger-Zeitung”. 1899 wurde er in die Bremer Bürgerschaft gewählt und übernahm das Amt des Fraktionsvorsitzenden. Hier erwarb Ebert sein politisches Rüstzeug.
1905 wird er als hervorragender Organisator und Netzwerker in den SPD-Parteivorstand gewählt und geht nach Berlin. Hier bewährte er sich als Vermittler zwischen den auseinanderdriftenden Parteiflügeln. Seit 1912 Mitglied des Reichstags, wurde er 1913 nach dem Tod August Bebels zusammen mit Hugo Haase zu neuen SPD-Parteivorsitzenden gewählt.
Im Herbst 1918 wird der Schneidersohn zur Schlüsselfigur der deutschen Geschichte: Er kämpfte für einen allmählichen Übergang zur Demokratie – und war gegen eine Revolution. Ebert sei “weder ein Ideologe, noch ein Mann kühner Visionen” gewesen, schreibt der Historiker Heinrich August Winkler. Er sei zu der Einsicht gelangt, dass Deutschland am Ende eines verheerenden Krieges eine Katastrophe drohe, wenn sich die gemäßigten Kräfte der Arbeiterbewegung und das Bürgertum nicht verständigen könnten.
Eine parlamentarische Monarchie hätte Ebert akzeptiert – allerdings nicht mit dem abgewirtschafteten Kaiser Wilhelm II. Noch Ende Oktober 1918 war er der Ansicht: “Deutschland ist nicht reif für die Republik.” Als kurzzeitiger Reichskanzler der am 10. November 1918 aus SPD und USPD gebildeten Revolutionsregierung drängte Ebert darauf, auch Bürgertum, Richter, Beamte und Offiziere für die neue Staatsform zu gewinnen.
Am 11. Februar 1919 wählte die in Weimar tagende Nationalversammlung den in der Wolle gefärbten Sozialdemokraten zum Reichspräsidenten. Ebert versicherte: “Ich will und werde als der Beauftragte des ganzen deutschen Volkes handeln, nicht als Vormann einer einzigen Partei.” Die Parteizeitung “Vorwärts” brachte es auf den Punkt: “Der Sattler Fritz Ebert ist Reichspräsident.” Und Harry Graf Kessler schrieb in seinem Tagebuch skeptisch vom “gekrönten Sattlermeister”.
In den stürmischen Anfangsjahren der Weimarer Republik kämpfte Ebert für die Stabilisierung der Demokratie. Sein Ziel: den wirtschaftlichen Wiederaufbau voranzutreiben und den Sozialstaat auszubauen. Mehrfach setzte der Präsident Entscheidungen mit Hilfe des Notstandsparagrafen Artikel 48 gegen die Mehrheit des Reichstags durch. Allein 1923 waren es 42 Notverordnungen, mit er die Republik durch die Krise führte, aber die Stellung des Parlaments indirekt untergrub.
Im Oktober 1923 ging er sogar ein Bündnis mit nationalen Kreisen ein und ließ die Reichswehr in Sachsen und Thüringen einmarschieren, um einen kommunistischen Aufstand zu verhindern. Ebert wurde dafür von seiner eigenen Partei heftig kritisiert, besonders, weil er gleichzeitig nicht gegen die reaktionäre Regierung Bayerns vorging.
Ebert wurde eine Hassfigur für die extreme Rechte genauso wie für die radikale Linke. Von Rechts war Ebert verleumderischen Hetzkampagnen ausgesetzt. Berühmt wurde etwa ein Foto aus dem Sommer 1919, das ihn in kurzer Badehose zeigt – damals ein Skandal. In über 170 Prozessen versuchte der Präsident, seine persönliche Ehre und die Würde des Amtes zu verteidigen.
Ein Magdeburger Gericht urteilte im Dezember 1924, dass er sich durch seine Teilnahme am “Januarstreik” 1918 des Landesverrats schuldig gemacht hätte. Den Präsidenten traf dieses Urteil tief, auch weil zwei seiner Söhne im Krieg gefallen waren. Um in Revision zu gehen, verschob Ebert eine Blinddarmoperation. Er starb am 28. Februar 1925 an den Folgen eines Blinddarmdurchbruchs. Hundertausende nahmen am Staatsakt in Berlin und an der Beerdigung in Heidelberg teil – und machten die Trauerfeiern zu einer Demonstration für die Demokratie.