Individuelles Asylrecht bewahren, irreguläre Migration begrenzen: Dazu ruft Kanzler Scholz auf dem SPD-Parteitag auf. Unterdessen mahnt die UN mit Blick auf steigende Flüchtlingszahlen zu fairer Verteilung in der EU.
Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) hat Forderungen nach einer Abschaffung des individuellen Asylrechts eine Absage erteilt. “Deutschland ist ein Land, aus dem Menschen fliehen mussten, deshalb gibt es das Grundrecht auf Asyl und deshalb werden wir es auch nicht aufkündigen”, sagte Scholz am Samstag beim SPD-Parteitag in Berlin. Und weiter: “Wir werden all denen entgegentreten, die das individuelle Recht auf Asyl abschaffen wollen.”
Deutschland werde sich die Fähigkeit bewahren, geflüchtete Menschen aufzunehmen, bekräftigte Scholz. Er verwies in diesem Zusammenhang auf geflüchtete Menschen aus der Ukraine. Er sei stolz darauf, dass in Deutschland über eine Million Ukrainer und Ukrainerinnen Schutz gefunden hätten – “so viele wie in keinem anderen Land in Europa”.
Deutschland solle zudem offen sein für die Zuwanderung von Arbeitskräften und auch von Familienangehörigen. Diese müssten die Möglichkeit erhalten, deutsche Staatsbürger zu werden. Scholz: “Dann kann es auch Einbürgerungsfeiern geben, wo die ganze Familie kommt, alle die besten Klamotten anziehen und dann am Schluss die Nationalhymne gespielt wird. Das ist das, was ich mir unter Integration vorstelle.”
Derweil ergab eine Umfrage, dass 72 Prozent der Menschen in Deutschland eine weitere Aufnahme von Flüchtlingen nicht für möglich halten. Die Überzeugung, dass Deutschland hierbei an seine Grenze stößt, liege damit aktuell höher als 2015/16, wie die “Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung” unter Berufung auf eine Allensbach-Umfrage berichtet.
Der Flüchtlingskommissar der Vereinten Nationen, Filippo Grandi, rief die europäischen Staaten zu einer einheitlichere Flüchtlingspolitik auf. Dies sei “der einzige Ausweg”, um eine stärkere Lastenteilung zu erreichen, sagte er der “Frankfurter Allgemeinen Zeitung” (Samstag). “Ich denke, dass es möglich ist und ein besserer Weg als der Versuch, restriktivere Maßnahmen zu ergreifen.” Zudem seien “eine stärkere Integrationspolitik und -praxis” sinnvoll.
Das UN-Flüchtlingshilfswerk UNHCR und er persönlich seien Deutschland sehr dankbar für den Einsatz in den vergangenen Jahren, fügte Grandi hinzu. Die Aufnahme zahlreicher Flüchtlinge etwa aus Syrien oder der Ukraine sei “eine sehr große Belastung, selbst für ein Land mit Ressourcen wie Deutschland”. Die Bundesrepublik brauche zwar ausländische Arbeitskräfte, “aber das sollte keine Belastung für den sozialen Zusammenhalt sein”.
Beim Globalen Flüchtlingsforum, das am Mittwoch in Genf beginnt, soll es laut Grandi um neue Strategien und Ansätze gehen. Eine Quote für eine jährliche Aufnahme von Geflüchteten könne er als Hüter der Flüchtlingskonvention nur ablehnen.
Spezielle Zentren für Asylverfahren seien dagegen möglich, wenn sie in der EU angesiedelt seien. “Diese Zentren müssen zwei Voraussetzungen erfüllen: Sie müssen extrem effizient sein, damit es nicht zu dem Rückstau und zu den schlechten Bedingungen kommt, die wir in Moria vor allem in der Anfangsphase gesehen haben”, erklärte der UN-Diplomat. Zweitens müssten die Mitgliedstaaten ein Abkommen über die Aufteilung der Geflüchteten schließen, um Engpässe in den Asylzentren zu vermeiden.