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Bündnis will von künftiger Koalition Kontrolle digitaler Plattformen

Kurz nach dem Start der Sondierungsgespräche für eine mögliche schwarz-rote Koalition wenden sich knapp 80 zivilgesellschaftliche Organisationen mit digitalpolitischen Forderungen an die Verhandler in Berlin. Sie fordern mehr Kontrolle und mehr Gemeinwohl.

Ein breites Bündnis zivilgesellschaftlicher Organisationen fordert von der künftigen Bundesregierung mehr Entschlossenheit in der Digitalpolitik. In einem offenen Brief, den 79 Organisationen aus verschiedenen gesellschaftlichen Bereichen unterzeichneten, werden Friedrich Merz (CDU), Markus Söder (CSU) und Lars Klingbeil (SPD) aufgefordert, in der kommenden Legislaturperiode politische Rahmenbedingungen zu schaffen, die die Macht großer Tech-Konzerne eindämmt.

Es sei kein unglücklicher Zufall, dass der plattformbezogene Austausch polarisiere und antidemokratische Kräfte beflügele, weil algorithmische Empfehlungssysteme, die das Extreme, Emotionalisierende und Spaltende fördern, ein lukratives Geschäftsmodell seien, so der offene Brief. “Das hat Folgen für unsere Demokratie”, so die Initiatoren weiter. Marginalisierte Gruppen werden demnach durch die Zunahme von Hassrede aus dem öffentlichen Diskurs vertrieben, was auch zu Gefährdungen im analogen Leben führe. Auch Desinformation erschwere den konstruktiven Austausch.

Als Anlass für die Initiative führen die Organisationen die Ereignisse in den USA an. Die Einflussnahme von Tech-CEO Elon Musk auf die dortige Politik und rechte Parteien in Europa zeige, dass die digitale Souveränität in Europa in Gefahr sei, wenn die Abhängigkeiten gegenüber US-amerikanischen Tech-Konzernen bestehen bleiben. Als Reaktion fordert das zivilgesellschaftliche Bündnis eine konsequente Durchsetzung des EU-Rechts, das Schließen regulatorischer Lücken bei der Transparenz algorithmischer Systeme und die gezielte Stärkung gemeinwohlorientierter Plattform-Alternativen wie dem dezentral organisierten Fediverse, zu dem unter anderem der Kurznachrichtendienst Mastodon gehört.

Zu den Unterzeichnern gehören neben Digitalorganisationen wie dem Chaos Computer Club, HateAid und AlgorithmWatch auch soziale Projekte wie Brot für die Welt, Gewerkschaften wie Verdi und kirchliche Organisationen wie die Diözesankommission für Umweltfragen des Bistums Trier und die Evangelische Kirche der Pfalz.