Ein zivilgesellschaftliches Bündnis hat vor einer Kriminalisierung von Seenotrettern gewarnt. Durch geplante Änderungen des Aufenthaltsgesetzes könnte künftig das Retten vor dem Ertrinken sowie andere Formen humanitärer Hilfe auf Fluchtwegen mit Freiheitsstrafen von bis zu zehn Jahren geahndet werden, erklärte das Bündnis am Dienstag in Berlin. Die Bundesregierung wolle das Gesetz noch vor Weihnachten durch den Bundestag bringen, so das Bündnis.
Hintergrund ist eine geplante Änderung des Aufenthaltsgesetz. Der dort enthaltene Paragraf 96 besagt, dass diejenigen bestraft werden sollen, die Ausländer gegen einen Eigenvorteil ins Land holen. Die Bestimmung soll sich zwar vor allem gegen kriminelle Schleuser richten. Das Bündnis befürchtet aber, dass durch die geplante Reform künftig auch Seenotretter betroffen sein könnten. In einer Formulierungshilfe des Bundesinnenministeriums heißt es demnach, dass es künftig auch strafbar sein werde, wenn jemand mehrere Menschen auch ohne persönliche Vorteile in die Europäische Union bringe.
In der Stellungnahme heißt es weiter, mit den Änderungen werde eine rechtliche Grundlage geschaffen, humanitäre Arbeit weiter einzuschränken und Seenotrettern, die mit privat finanzierten Schiffen Menschen vor dem Ertrinken retten, strafrechtlich zu verfolgen. Auch Menschenrechtsverteidiger, humanitäre Organisationen und Geflüchtete selbst könnten nach den Änderungen verstärkt angeklagt werden.
Diese Kriminalisierung stehe nicht im Einklang mit dem Völkerrecht und widerspreche der im Koalitionsvertrag hervorgehobenen “zivilisatorischen und rechtlichen Verpflichtung, Menschen nicht ertrinken zu lassen” ebenso wie der dort formulierten Ankündigung, zivile Seenotrettung nicht behindern zu wollen.
Zum Bündnis gehören unter anderem Pro Asyl, Brot für die Welt, Misereor, United4Rescue, Sea-Watch und Seebrücke. Pro Asyl kritisiert, dass in der Formulierungshilfe bewusst der klare Unterschied zwischen profitorientierter Schleuseraktivität und humanitärer Nothilfe verwässert werde. Es gerate eine Selbstverständlichkeit unter die Räder, Leben zu retten dürfe kein Verbrechen sein.