Die Bischöfe und kirchlichen Repräsentanten in Niedersachsen und Bremen haben an Heiligabend dazu aufgerufen, trotz Krisen, Kriegen und Gewalt in aller Welt an der Hoffnung festzuhalten und Nächstenliebe zu üben. „Hoffnung ist unberechenbar, in ihr ist alles möglich“, sagte der evangelische Landesbischof Ralf Meister aus Hannover in seiner Weihnachtspredigt in der Marktkirche: „Tut sie sich mit anderen zusammen, wird sie kraftvoll und stark: in der Familie, der Nachbarschaft, der Gesellschaft.“
In der Weihnachtsnacht lebe eine „grenzüberschreitende Hoffnung“, betonte der Bischof. Jeder Wunschzettel enthalte eine Hoffnung auf Erfüllung jenseits aller Wahrscheinlichkeit. Jede Ehe sei angesichts der Scheidungsrate ein Risiko: „Doch Hoffnungsmenschen leben davon, dass ihre Liebe jede Prognose außer Kraft setzt.“ Meister ist auch Leitender Bischof der Vereinigten Evangelisch-Lutherischen Kirche Deutschlands (VELKD).
Aus Sicht des Oldenburger evangelischen Bischofs Thomas Adomeit ist Weihnachten ein Protest gegen Resignation und Hoffnungslosigkeit. „Trotz allem, was uns Angst macht, wollen und dürfen wir Vertrauen wagen“, sagte Adomeit in der Oldenburger St. Lambertikirche: „Trotz aller Spaltungen wollen wir Brücken bauen und darüber gehen.“
Die Menschen seien an Weihnachten gerufen, Teil dieser Botschaft zu sein und das Licht von Weihnachten weiterzutragen: „Weihnachten ist nicht nur ein Ereignis, das wir feiern. Es ist eine Einladung, unser Leben von dieser Botschaft prägen zu lassen.“ Adomeit ist auch Ratsvorsitzender der Konföderation evangelischer Kirchen in Niedersachsen.
Der braunschweigische evangelische Landesbischof Christoph Meyns appellierte an die Menschen, sich einen wachen und anteilnehmenden Blick für die Nöte anderer Menschen zu bewahren. „Das ist nicht leicht angesichts des vielen Leids auf dieser Welt“, sagte er im Braunschweiger Dom. Einfacher sei es, „sich ein dickes Fell zuzulegen, anstatt sensibel zu bleiben“.
Doch die Weihnachtsgeschichte lehre, dass es sich gerade in schwierigen Zeiten lohne, Hoffnung zu wagen. Aus ihr wachse die Kraft, das Leid anderer Menschen wahrzunehmen und ihnen zu helfen, wo immer es möglich sei.
Bremens leitender evangelischer Theologe Bernd Kuschnerus sieht die Weihnachtsbotschaft als eine Einladung, sich solidarisch und frei von Selbstsucht und Selbstgefälligkeit in der Gesellschaft zu engagieren. „Um füreinander freizuwerden, aneinander zu denken, zusammenzustehen“, sagte er in der Bremer Melanchthonkirche. „Ohne die Zuwendung zum Nächsten geht Weihnachten nicht“, betonte Kuschnerus. Es vertrage sich aber nicht mit der Nächstenliebe, für Probleme Sündenböcke wie etwa „die Flüchtlinge“ zu suchen, anstatt nach Lösungen zu fragen.
In vielen Predigten ging es an Heiligabend auch um die Amokfahrt auf dem Weihnachtsmarkt in Magdeburg. Bischof Adomeit sagte in Oldenburg, diese Gewalttat liege wie ein Schatten über dem diesjährigen Weihnachtsfest. Bestürzt äußerte sich auch Landesbischof Meyns in Braunschweig. „Fassungslos und ohnmächtig stehen wir vor einer Tat, die unschuldige Menschen verletzt und in den Tod gerissen hat.“
Der Anschlag gehe den Menschen im Braunschweiger Land besonders nahe, weil Personen aus der Region direkt betroffen seien, sagte Meyns. Zu den Opfern zählt ein neunjähriger Junge aus dem Landkreis Wolfenbüttel, der bei dem Anschlag getötet worden war.