Niedersachsens Landesregierung zeigt sich erleichtert über die Entscheidung von Bundesumweltministerin Steffi Lemke (Grüne), auf den Bau eines Atommülllagers für schwach- und mittelradioaktive Abfälle am Standort Würgassen in Nordrhein-Westfalen an den Landesgrenze zu Niedersachsen und Hessen zu verzichten. „Das ist eine gute Nachricht aus Berlin ins südniedersächsische Dreiländereck“, sagte Landesumweltminister Christian Meyer (Grüne) am Dienstag. „Und vor allem für die dortigen Kommunen und Bürgerinnen und Bürger, die sich seit Jahren gegen ein Atommülllager in Würgassen einsetzen.“
Lemke hatte zuvor mitgeteilt, dass das umstrittene Atommüllzwischenlager, in dem die für das Endlager Schacht Konrad bestimmten schwach und mittelradioaktiven Abfälle gesammelt und gebündelt werden sollten, nicht gebaut wird. Auch anderswo in Deutschland werde es kein „Logistikzentrum für das Endlager Konrad“ (LoK) geben, sagte Lemke am Mittag in Berlin. „Wir haben uns dafür entschieden, das Verfahren zu beenden.“
Das Logistikzentrum lasse sich nicht mehr rechtzeitig realisieren, um wie ursprünglich geplant den Atommüll in das Endlager Konrad einlagern zu können, hieß es zur Begründung. „Ein zu spät fertig werdendes Logistikzentrum wäre nach sorgfältiger Abwägung aller Fakten eine milliardenschwere Fehlinvestition, die es zu vermeiden gilt.“ Insgesamt wurden für die LoK-Planung bislang rund 60 Millionen Euro ausgeben, die – nun eingesparten – Kosten für den Betrieb des Zwischenlagers wurden auf knapp zwei Milliarden Euro geschätzt.
Meyer sagte, er sei sehr froh, „dass angesichts hoher rechtlicher und finanzieller Risiken diese Fehlentscheidung der Vorgängerregierung in Berlin nun endgültig aufgegeben wird“. Der Standort Würgassen im Überschwemmungsgebiet der Weser sei ungeeignet für ein Atommülllager mit großen Mengen schwach- und mittelradioaktiver Abfälle. Das Zwischenlager wäre mit einer Vielzahl an Atommülltransporten quer durch Niedersachsen verbunden gewesen. Die Landesregierung in Hannover hatte sich bereits im Koalitionsvertrag gegen den Standort Würgassen ausgesprochen. Am Dienstagmorgen hatte sich auch die nordrhein-westfälische Landesregierung gegen das Vorhaben gewandt.
Noch im August war die Entsorgungskommission des Bundes (ESK) zu dem Ergebnis gelangt, dass ein Logistikzentrum für die optimierte Anlieferung an das Endlager Konrad erforderlich ist. Das LoK sollte auf dem Gelände des stillgelegten AKW Würgassen entstehen. Die bundeseigene Gesellschaft für Zwischenlagerung (BGZ) wollte dort eine 325 Meter lange, 125 Meter breite und 16 Meter hohe Halle bauen. Ab 2029 sollte sie sämtlichen in Deutschland angefallenen schwach und mittelradioaktiven Müll aufnehmen – beispielsweise Pumpen, Rohre, Schutzkleidung, verstrahltes Abbruchmaterial aus den Atomkraftwerken, aber auch Abfälle aus der Medizin und Forschung, insgesamt rund 300.000 Kubikmeter.