„Hopfen und Malz – Gott erhalt’s“ – das ist ein Gebet, das auch dem evangelischen Pfarrer Sebastian Schmauder auf den Lippen liegt. Und das nicht nur als ein Mann Gottes, der gerne Bier trinkt, sondern als Theologe mit einem ungewöhnlichen Hobby: Er braut sein Bier selbst. Dabei ist ihm der Prozess der Bierherstellung zu einer Predigt geworden.
Als Braustube dient dem Gemeindepfarrer seit Kurzem das ehemalige Schlachthaus in Lichtenstein-Holzelfingen bei Reutlingen. Es liegt nur wenige Meter von seinem Pfarrhaus entfernt und bietet ein sauberes Ambiente, wie es für den Herstellungsprozess erforderlich ist. Dort baut er an seinem freien Tag Geräte und Werkzeuge auf.
Buch gab Ausschlag fürs Bierbrauen
Während seines Vikariats in Stuttgart hatte Schmauder einen Seelsorgebezirk zwischen Hofbräu und Dinkelacker. Vor gut drei Jahren fiel ihm – inzwischen eigenständiger Pfarrer auf der Schwäbischen Alb – ein Buch darüber in die Hände, welche Verbindungen zwischen dem Bierbrauen und dem Mannsein bestehen. Es trägt den doppeldeutigen Titel „Maß halten“ und stammt von dem ehemaligen Leiter einer christlichen Kommunität.
Schmauder fing schnell Feuer für die Idee, selbst Bier zu brauen. Er hängte sich auch gleich richtig rein und investierte in einen Braukessel-Automaten mit Farbdisplay. An einem Tag schafft er damit 50 Liter Bier, was fünf Getränkekisten entspricht. Etwas hemdsärmeliger geht es auf der Werkbank zu: Hier dient ihm eine alte Bohrmaschine als Antrieb, um das Malz, also das gekeimte und geröstete Getreide, aufzubrechen.

Der Brauprozess braucht Konzentration und Aufmerksamkeit. Zutaten müssen Gramm-genau abgewogen, die Temperatur im Kessel muss überwacht werden. Auf dem Kesseldisplay bekommt der Hobbybrauer wie auf einer modernen Küchenmaschine jeweils Anweisungen, was als Nächstes zu tun ist. Andererseits übermittelt ihm der Automat übers Internet den aktuellen Stand, den Schmauder dann auch vom PC aus überwachen kann, während er sich anderen Arbeiten widmet. Am Ende des Prozesses kommt das zukünftige Bier für vier Tage ins Gärfass, danach wird es zur Nachgärung in Flaschen abgefüllt und muss dort noch vier bis sechs Wochen reifen, bevor der Mann Gottes mit Freunden und Gemeindemitgliedern anstoßen kann.
Brauvorgang braucht Pausen, Auszeiten, Feiertage und Sonntagsruhe
Manches im Brauvorgang hält für Sebastian Schmauder eine geistliche Botschaft bereit, etwa die Ruhe- und Reifezeiten. „Das Entscheidende passiert in der Rast – und so wirkt auch Gottes Geist ohne mein Zutun“, ist der Theologe überzeugt. Es brauche Pausen, Auszeiten, Feiertage, die Sonntagsruhe. Auch das Erhitzen des Hopfens in sprudelndem Wasser fasziniert ihn. Das Leben sei keine „lauwarme Brühe“, manchmal werde man „hart durchgekocht“, doch im Rückblick zeige sich, dass Gutes dabei herauskommen könne.
Kirche und Alkohol – ein heikles Thema? Schmauder nickt. Er hat selbst sein Freiwilliges Soziales Jahr unter Alkoholkranken in Brasilien gearbeitet. Suchtgefahren unterschätzt er nicht. Deshalb habe „Maß halten“ Priorität. Wer grenzenlos konsumiere, könne nicht mehr genießen, betont der Seelsorger. Andererseits sei es auch ein „gewisser Werbegag“, wenn er zu einer Gemeindeveranstaltung mit selbstgebrautem Bier einlade.
500 Liter darf ein Privatmann in Deutschland pro Haushalt und Jahr brauen – wer mehr macht, muss das den Steuerbehörden melden. Zugleich haben Menschen wie Pfarrer Schmauder mehr Freiheiten. Während das Deutsche Reinheitsgebot vom 23. April 1516 – an das der jährliche „Tag des Biers“ erinnert – die Zutaten auf Wasser, Malz, Hopfen und Hefe beschränkt, experimentiert der Theologe gelegentlich auch mit anderen Ingredienzien.