Krankenhaus, Kindertagesstätte, Schulhort, Jugendhilfe mit Wohngruppen und Jugendclubs, Wohngruppe und Werkstatt für Menschen mit Behinderung, Altenpflegeheim, Ambulante Altenpflege, Kirchengemeinde, Flüchtlingshilfe: Das sind typische Einsatzstellen für Menschen, die ein „Freiwilliges Jahr“ (FSJ) oder einen „Bundesfreiwilligendienst“, umgangssprachlich: Bufdi, in diakonischen Einrichtungen leisten.
Jetzt versammelten sich Freiwillige mit Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern ihrer Trägerorganisationen vor zuständigen Bundesministerien, um dagegen zu demonstrieren, dass im nächsten Jahr bei den Freiwilligendiensten 40 Millionen Euro eingespart werden könnten. So sieht es der Haushaltsentwurf des Familienministeriums vor, den der Bundestag derzeit berät. Für die Freiwilligendienste Freiwilliges Soziales Jahr (FSJ), Freiwilliges Ökologisches Jahr (FÖJ) und andere sind in 2025 rund 106 Millionen Euro und für den Bundesfreiwilligendienst rund 184 Millionen Euro eingeplant.
Jede fünfte Freiwilligendienststelle ist betroffen
„Die Zahlen orientieren sich an der Höhe der abgerufenen Mittel im Jahr 2023“, argumentiert das Bundesfamilienministerium. Schon damals standen massive Kürzungen im Raum. Stellen konnten nicht besetzt werden, weil die Finanzierung nicht gesichert war. Von den Kürzungen ist ungefähr jede fünfte Freiwilligendienststelle betroffen.
„Grund für die rückläufigen Zahlen ist nicht das mangelnde Interesse der Jugendlichen, sondern dass Träger gezwungen sind, Stellen abzubauen, weil es schlichtweg an Finanzierung fehlt“, sagt Swantje Navasery, Teamkoordinatorin Freiwilligendienste beim Diakonischen Werk Berlin-Brandenburg-schlesische Oberlausitz (DWBO).
Öffentliche Wahrnehmbarkeit erhöhen
Die Trägerverbände freilich wollen mehr Geld, auch um ihre Freiwilligendienste noch attraktiver und bekannter zu machen. „Vielen jungen Menschen ist oft gar nicht bekannt, dass es Freiwilligendienste gibt und welche Angebote hier bestehen. Die öffentliche Wahrnehmbarkeit muss erhöht werden.“ Das fordert zum Beispiel der neue „Kinder- und Jugendbericht“ des Familienministeriums, der vor wenigen Tagen erschienen ist.
Zur mangelnden Attraktivität gehört das sogenannte Taschengeld. Viele Interessentinnen und Interessenten winken ab, weil sie mit dem Taschengeld monatlich nicht über die Runden kommen können. Andere ziehen es vor, unmittelbar nach dem Schulabschluss mit einer Berufsausbildung zu beginnen und auf Tastversuche in der Gemeinnützigkeit zu verzichten. Wieder andere, etwa körperlich und geistig eingeschränkte Frauen und Männer, Menschen mit Migrationsgeschichte oder im Leistungsbezug, scheuen zurück, weil die Einstiegshürden hoch sind. Dazu bräuchte es eine gute pädagogische Begleitung, die mit den Kürzungen nicht möglich ist, sagt Swantje Navasery vom DWBO.
„Wir müssen besser ausgestattet sein – personell, strukturell, fachlich, pädagogisch, materiell, um das großartige Engagement unserer Freiwilligen zu sichern und auszubauen, um neue Zielgruppen zu faszinieren“, so Swantje Navasery. Sie und ihre Organisation setzen sich dafür ein, dass es einen Rechtsanspruch auf einen Freiwilligendienst gibt – immer, wenn Einsatzstelle und Freiwillige zusammenfinden, muss der Staat eine Förderung garantieren. Freiwillige sollen so viel bekommen wie Studierende mit BAföG (rund 1000 Euro), und regelmäßig sollen junge Menschen kampagnenartig aufgefordert werden, über eine Freiwilligenzeit nachzudenken: „Warum“, fragt Swantje Navasery, “schreibt der Bundespräsident nicht einmal im Jahr einen Brief an junge Menschen, um sie für ein Engagement auf Zeit zu gewinnen?“
Einsatzorte gibt es viele
Wie beliebt und begehrt die Arbeit der Freiwilligen in den Einsatzstellen ist, zeigt ein Blick ins Internet: Hinter der Suchmaske freiwillig-ja.de sind in Berlin zurzeit 2000 Einsatzorte für Freiwilligendienstleistende im Angebot, rund um Cottbus gibt’s 360, rund um Perleberg 300, ähnlich in Görlitz und Umgebung. Rund 40 Angebote für FSJler gibt es allein in Berliner evangelischen Kirchengemeinden, Diakoniestationen und evangelischen Familienzentren, die engagierte junge Menschen suchen.