Gegen die jüngste Bundestagswahl dürfte es eine Reihe von Beschwerden geben: Manche Auslandsdeutsche etwa beklagen, dass sie ihre Wahlzettel nicht rechtzeitig zurück nach Deutschland schicken konnten. Das BSW, das äußerst knapp unter der Fünfprozenthürde landete, prüft nach eigenen Angaben juristische Schritte. Der Evangelische Pressedienst (epd) gibt einen Überblick über das Verfahren:
ALLE KÖNNEN SICH BESCHWEREN: Jeder Wähler und jede Wählerin kann tätig werden, wenn er oder sie konkrete Unregelmäßigkeiten bei der Wahl vermutet. Die persönliche Betroffenheit ist keine Voraussetzung. Außerdem können die Landeswahlleiterinnen und Landeswahlleiter, die Bundeswahlleiterin und die Bundestagspräsidentin aktiv werden, wenn sie Hinweise auf Probleme haben. Formal handelt es sich in all diesen Fällen um einen Einspruch gegen die Gültigkeit der Wahl.
BUNDESTAG IST ZUSTÄNDIG: „Die Wahlprüfung ist Sache des Bundestages“ – so steht es in Artikel 41 des Grundgesetzes. Das gilt für sämtliche Einsprüche, egal von wem. Sie müssen schriftlich beim Parlament eingereicht und begründet werden. Die Frist dafür läuft ab dem Wahltag zwei Monate lang; im Fall der Wahl vom Sonntag endet sie am 23. April um Mitternacht. Danach ist der Wahlprüfungsausschuss des Bundestags an der Reihe, der alle Einsprüche prüfen muss. Eine zeitliche Vorgabe gibt es dafür nicht. Der Ausschuss bereitet eine Empfehlung vor, über die schließlich das Plenum abstimmt.
DER GANG NACH KARLSRUHE: Wer nicht damit einverstanden ist, wie der Bundestag über den eigenen Einspruch entschieden hat, kann sich an das Bundesverfassungsgericht wenden. Hier gilt erneut eine Frist von zwei Monaten ab der Bundestagsentscheidung.
I M FALL DES FALLES WIRD ERNEUT GEWÄHLT: Wenn der Bundestag oder das Bundesverfassungsgericht gravierende Probleme bei der Wahl feststellen, wird sie ganz oder in Teilen für ungültig erklärt. Dann muss sie entsprechend wiederholt werden. So war es bei der Bundestagswahl 2021, die in zahlreichen Berliner Wahllokalen chaotisch verlief – dort waren die Wählerinnen und Wähler im Februar 2024, also fast zweieinhalb Jahre nach dem ursprünglichen Termin, erneut zur Stimmabgabe aufgerufen. Grundsätzlich sind die Hürden für einen solchen Schritt hoch. Die Fehler müssen als so schwerwiegend eingestuft werden, dass Auswirkungen auf die Sitzverteilung des Bundestags möglich erscheinen.
KEINE AUTOMATISCHE NEUAUSZÄHLUNG: Eine standardmäßige Neuauszählung der Stimmen bei einem besonders knappen Ergebnis, wie sie zum Beispiel aus manchen US-Bundesstaaten bekannt ist, gibt es im deutschen Wahlrecht nicht. Im Rahmen der Wahlprüfung können allerdings Neuauszählungen vorgenommen werden, wenn es Hinweise gibt, dass bei der ursprünglichen Ergebnisfeststellung etwas schiefgelaufen sein könnte. Die ausgefüllten Stimmzettel werden in der Regel fast die ganze Legislaturperiode lang in den Kommunen aufgehoben und dürfen normalerweise erst 60 Tage vor der nächsten Wahl vernichtet werden.