Artikel teilen

“Park(ing) Day”: Bürger verwandeln Parkplätze in Wohlfühloasen

Rollrasen statt Asphalt: Parkplätze werden zu kleinen grünen Inseln in der Stadt – zumindest für einen Tag. Aus der US-Kunstaktion “Park(ing) Day” von 2005 ist eine weltweite Bewegung geworden.

In den USA, wie hier in Florida, wird der "Park(ing) Day" regelrecht zelebriert
In den USA, wie hier in Florida, wird der "Park(ing) Day" regelrecht zelebriertImago / Zuma Wire

Mit Pflanzen, Rollrasen und Stühlen werden öffentliche Parkplätze zu Pop-Up-Parks und Nachbarschaftstreffpunkten: Am internationalen „Park(ing) Day“ entstehen mitten in der Stadt Mitmach- oder Entspannungs-Oasen auf zwölf Quadratmetern Asphalt. Das Ziel: ein besseres Stadt-Klima und Raum für Begegnung, Freizeit und Erholung. Die weltweite Aktion findet immer am dritten Freitag im September statt, in diesem Jahr am 15. September. Auch in Deutschland machen viele mit.

In Karlsruhe wird die Aktion vom Verein Wandelwirken organisiert, der sie als „stadtweite Graswurzelbewegung auf dem Asphalt“ beschreibt. Mit zwölf Quadratmetern sei ein einziger Parkplatz so groß wie ein durchschnittliches Kinderzimmer. Diese Fläche wolle man wenigstens für einen Tag zurückerobern – mit Sonnenblumen, Sofas oder Schaukelpferd.

“Park(ing) Day”: Es begann als Guerilla-Aktion

Ins Leben gerufen wurde der Park(ing) Day”2005 vom kalifornischen Künstlerkollektiv REBAR aus San Francisco. Die Initiatoren und Initiatorinnen John Bela, Matthew Passmore, Blaine Merker und Teresa Aguilera wollten darauf hinweisen, wie niedrig die Parkgebühren in San Francisco im Vergleich zu den hohen Miet- und Immobilienpreisen sind – und wie viel öffentlicher Straßenraum für Autos reserviert ist.

In Münster hat sich 2022 eine kleine Kaffeerunde am Straßenrand gefunden
In Münster hat sich 2022 eine kleine Kaffeerunde am Straßenrand gefundenImago / Rüdiger Wölk

Am 16. November 2005 fand dann der weltweit erste Park(ing) Day statt: als zweistündige „Guerilla-Kunstaktion“. Daraus entstand eine weltweite Bewegung auf sechs Kontinenten. Ob in New York, Rio de Janeiro, Melbourne, Berlin oder Stuttgart: Überall wollen Menschen nicht nur angesichts des Klimawandels ein Bewusstsein schaffen, dass man öffentlichen Raum anders und lebenswerter nutzen kann.

Es gibt Mini-Flohmärkte, Lesungen, Konzerte und Diskussionsrunden. Nachbarn spendieren Kaffee und Kuchen oder reparieren Fahrräder. In anderen Freiluft-Wohnzimmern stehen Buchregale und ein gemütliches Sofa lädt zum Lesen ein. Ein Parkplatz wurde sogar schon einmal zum Mini-Schwimmbad mit Planschbecken, Gummitieren und Bademeisterturm, wie Fotos im Internet belegen.

Wie man die Aktionen anmelden sollte

Für Aktionen in deutschen Städten rät der Verkehrsclub Deutschland (VCD), solche Pop-Up-Parks als „Versammlung“ oder als „Sondernutzung“ auf öffentlichem Verkehrsgrund – beispielsweise für Laden- und Restaurantbesitzer – anzumelden. In Deutschland nehmen Menschen in dutzenden Städten teil. Genaue Zahlen gibt es nicht, da die meisten Aktionen unabhängig voneinander von Anwohnerinnen und Anwohnern organisiert werden.

Der gemeinnützige Verband „Verkehrsclub Deutschland VCD“ unterstützt die Aktionen und gibt Tipps, wie ein Zwölf-Quadratmeter-Parkplatz alternativ genutzt werden könnte. Schließlich stünden Autos dort 23 Stunden am Tag einfach herum, sagt Tanja Terruli von der VCD-Projektleitung Straßen für Menschen dem epd: „Können wir uns leisten, dass so viel Fläche für Autos genutzt wird?“

Lebenswerte Innenstädte bräuchten Orte, an denen sich Menschen treffen oder ausruhen könnten. Alternative Nutzungsmöglichkeiten sollten nicht nur am 15. September, sondern auch an anderen Tagen möglich sein. Der VCD hat dazu das Format „12qmKULTUR-Veranstaltungen“ entwickelt.

Unter dem Motto „Erobere Deine Stadt zurück“ setzt sich die Initiative Green City in München für „mehr Platz für Grün, mehr Platz für Freu(n)de und mehr Platz zum Atmen“ ein. Als eine der ersten Städte in Deutschland habe München 2007 die Idee des Park(ing) Days umgesetzt, erklärt Andreas Schuster, Leitung Mobilität von Green City.

Die Initiative organisierte bis 2018 den örtlichen Aktionstag. Jetzt liegt er wieder in den Händen von Bürgerinnen und Bürgern. Die Erfahrungen mit dem Park(ing) Day seien während der Corona-Pandemie hilfreich gewesen, sagte Schuster. So hätte die Umnutzung von Parkplätzen als zusätzliche Außenplätze für Restaurants schnell genehmigt werden können.

Manchmal reicht ein Holztisch

Eine Art erweiterten Park(ing) Day stellt das Konzept der Sommerstraßen oder Sommerzonen in Städten wie München, Berlin oder auch Heilbronn dar. Nach dem Vorbild Stockholms werden einige Straßen oder Parkflächen im Sommer in verkehrsberuhigte Zonen oder Spielstraßen umgewandelt. So können die entstandenen Spielflächen und Mini-Parks länger als nur einen Tag genutzt werden. Teilweise werden, wie in Frankfurt am Main, Straßen auch dauerhaft zu Fahrrad- und aufenthaltsfreundlichen Zonen mit kleinen Sitzgruppen umgewandelt.

Solche Konzepte ziehen allerdings auch Kritik auf sich: Es gibt Anwohner und auch Inhaber örtlicher Geschäfte, die den wegfallenden Parkraum beklagen. So komme weniger Kundschaft von außerhalb. In München wird die Einrichtung von „Autoreduzierten Quartieren für eine lebenswerte Stadt“ von Forschenden der Technischen Universität wissenschaftlich begleitet.

Manchmal genügt aber schon ein einzelner Parkplatz zwischen zwei Autos, ein Holztischchen und Stühle, um miteinander ins Gespräch zu kommen – eine Gelegenheit, die nicht nur am Park(ing) Day in Karlsruhe gerne genutzt wird.