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Migrationsexperte zweifelt an Asyl-Auslagerung

Abschiebungen in andere Staaten, ein Ruanda-Modell auch für Deutschland? Migrationsexperte Bernd Kasparek hält eine Auslagerung von Asylverfahren weder für praktikabel noch für ratsam.

Migrationsexperte Bernd Kasparek hält eine Auslagerung von Asylverfahren weder für praktikabel noch für ratsam
Migrationsexperte Bernd Kasparek hält eine Auslagerung von Asylverfahren weder für praktikabel noch für ratsamImago / Future Image

Der Migrationsexperte Bernd Kasparek hält eine Auslagerung von Asylverfahren weder für praktikabel noch für ratsam. „Immer wenn es zu solchen Externalisierungen von Asylpolitik kommt, leiden die Rechte von Asylsuchenden. Das führt letztlich immer dazu, dass das Asylrecht missachtet wird“, sagte der Co-Leiter der Netzwerk-Abteilung des Instituts für empirische Integrations- und Migrationsforschung an der Berliner Humboldt-Universität dem Evangelischen Pressedienst (epd).

Am Donnerstag kommen die Regierungschefinnen und -chefs der Bundesländer in Berlin mit Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) zusammen. Bei dem Treffen soll ein vorläufiger Sachstandsbericht zur möglichen Auslagerung von Asylverfahren vorgestellt werden.

Auslagerung in Drittstaaten rechtlich nicht möglich

Kasparek hält solche Verfahren in der Praxis für schwierig. Zunächst könne Deutschland die Auslagerung von Asylverfahren nicht im Alleingang umsetzen, man müsse einen solchen Ansatz auf europäischer Ebene verfolgen, stellte er klar. Nach geltendem Asylrecht und auch mit der neuen EU-Asylreform, die in zwei Jahren in Kraft tritt, sei die Auslagerung in Drittstaaten rechtlich nicht möglich.

Neben der rechtlichen Hürde gebe es die bisher vergebliche Suche nach entsprechenden Partnerländern. Die EU und ihre Mitgliedsstaaten hätten seit 20 Jahren immer wieder versucht, solche zu finden – ohne Erfolg, erklärte Kasparek. So habe es lange Bemühungen gegeben, die Ukraine zu einem solchen sicheren Drittstaat zu machen. „Bei Verhandlungen mit anderen Staaten – der Türkei, Marokko – sieht man, dass Lösungen nie nachhaltig sind“, sagte der Migrationsforscher: „Man kann diese Verträge nicht so gestalten, dass sie auf 10, 20 Jahre tragen. Es ist immer nur eine kurzfristige Lösung.“ Mittel- bis langfristig mache sich die EU damit erpressbar.

Welche Länder sind bereit, so viele Menschen aufzunehmen?

Die britische Regierung hatte beim sogenannten Ruanda-Modell darauf gehofft, der Staat könne pro Jahr 30.000 bis 40.000 Menschen aufnehmen, erklärte Kasparek. Für die EU seien die Dimensionen ungleich größer. „Wenn wir davon ausgehen, dass jedes Jahr eine Million Menschen in die EU kommen, sogar wenn es nur 500.000 wären, stellt sich natürlich die Frage, welche Länder in der Lage und bereit wären, so viele Menschen aufzunehmen. Das halte ich für praktisch ausgeschlossen“, sagte der Wissenschaftler.

Letztlich brauche es für die praktische Durchführung auch noch eine massive Infrastruktur an Europas Außengrenze, um Menschen von dort aus in die Drittstaaten zu bringen. „Auch das sehe ich mittelfristig nicht“, sagte Kasparek.