Länder des Globalen Südens setzen große Hoffnungen in das EU-Lieferkettengesetz. Es soll für die Einhaltung von Menschenrechten sorgen. Doch Deutschland will sich bei der Abstimmung enthalten. Wegen der FDP.
Laut Bundesarbeitsminister Hubertus Heil (SPD) muss sich Deutschland bei der Abstimmung zur EU-Lieferkettenrichtlinie am Freitag enthalten. Die FDP sei nicht bereit gewesen, einen von ihm vorgeschlagenen Lösungsweg mitzugehen, bestätigte Heil am Dienstag in Berlin. Die Blockade der FDP halte er für ideologisch motiviert. Das EU-Vorhaben steht damit insgesamt auf der Kippe, da eine Mehrheit auch aufgrund der Bedenken aus anderen Ländern nicht absehbar ist.
Die EU-Institutionen hatten sich im Dezember auf einen Kompromiss für ein Lieferkettengesetz geeinigt. Demnach sollen etwa große Unternehmen vor europäischen Gerichten zur Rechenschaft gezogen werden können, wenn es in ihren Produktions- und Lieferketten zu Kinder- oder Zwangsarbeit kommt. Der Europäische Rat als Gremium der EU-Staats- und Regierungschefs muss dem Kompromiss noch zustimmen. Die Abstimmung ist für Freitag vorgesehen.
Finanzminister Christian Lindner und Justizminister Marco Buschmann (beide FDP) hatten vergangene Woche mitgeteilt, sie könnten die Richtlinie nicht mittragen. In Deutschland ist ein “Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz” seit einem Jahr in Kraft. Darin werden vor allem große Unternehmen verpflichtet, Menschenrechtsstandards in der gesamten Produktions- und Lieferkette zu gewährleisten. Mittlere Unternehmen sollen folgen.
Verschiedene Organisationen kritisierten die geplante Enthaltung der Bundesregierung scharf. Damit sei es sehr ungewiss, ob die notwendige qualifizierte Mehrheit an diesem Freitag im EU-Rat zustande kommen werde, erklärte das katholische Hilfswerk Misereor. Statt die ideologisch motivierte Sabotage der FDP zurückzuweisen, scheue Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) den Konflikt und verweigere Führung für Nachhaltigkeit. Die deutsche Enthaltung sei ein fatales Signal an alle Menschen, die weltweit von Ausbeutung, moderner Sklaverei, Vertreibung und Urwaldzerstörung betroffen seien. Ihnen solle nach dem Willen der Bundesregierung auch künftig kein Recht auf Entschädigung zustehen, wenn europäische Unternehmen ihre Menschenrechte verletzten.
Die internationale Organisation Oxfam kritsierte, mit der Enthaltung stelle die Bundesregierung Profitinteressen über den Schutz von Menschenrechten. Das sei “ein Hohn” für die Arbeiter, die weltweit von der Richtlinie profitierten, sagte der Oxfam-Experte für gerechte Lieferketten, Tim Zahn. Sollte das Gesetz scheitern, werde der Schutz von Menschenrechten um Jahre zurückgeworfen. Scholz müsse Führungsstärke zeigen und damit die Blockade der FDP, die nur die Interessen weniger Unternehmen vertrete, beenden.