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Fördergeld für rechte Stiftung

Das Bundesverfassungsgericht hat entschieden: Auch die AfD-­nahe Desiderius-Erasmus-Stiftung hat Anspruch auf Fördergeld. Gebraucht wird ein Gesetz für die staatliche Förderung politischer Stiftungen.

Auch Stiftungen, die sich nicht zur Demokratie bekennen, haben Anspruch auf Fördergelder. Darf das wirklich sein?
Auch Stiftungen, die sich nicht zur Demokratie bekennen, haben Anspruch auf Fördergelder. Darf das wirklich sein?epd-bild/Jens Schulze

Geht es um den Schutz unserer ­Demokratie, erleben wir ähnliche Frustrationsmomente wie beim ­Klimaschutz: Wir sehen die Katastrophe auf uns zukommen, wir mahnen und warnen – doch die ­Politik bleibt untätig, fährt auf Sicht und scheint das Thema aussitzen zu wollen. Genau dieses Muster haben wir in den letzten Jahren beim Umgang mit der AfD-nahen Desiderius-Erasmus-Stiftung (DES), erlebt. Bis vor 2 Wochen. Seitdem zwingt ein Urteil des Bundesverfassungsgerichts die Politik zum Handeln.

Seit 2018, als die AfD die DES offiziell als parteinahe Stiftung anerkannte, dürfte allen politischen Entscheidern bewusst sein, dass damit eine extrem rechte Denk­fabrik entsteht. Ihre Vorsitzende Erika Steinbach setzt alles daran, Millionen von Steuergeldern zu erstreiten, um sie in demokratiefeindliche Bildung zu stecken. Spätestens mit dem Wiedereinzug der AfD in den Bundestag im Herbst 2021 wurde dieses Schreckensszenario eine ­reale Option. Es gibt in Deutschland nämlich keine gesetzliche Grundlage, die garantiert, dass nur jene parteinahen Stiftungen von der Demokratie gefördert werden, die ihr nicht feindlich gesinnt sind. Insgesamt fehlt es an einer transparenten Regelung, wie die Summe von immerhin mehr als ­einer halben Milliarde Euro aus dem Bundeshaushalt an die parteinahen Stiftungen verteilt wird.

Finanziert die Demokratie ihre Feinde?

Seit Jahren fordern schwergewichtige Organisationen der Zivilgesellschaft – die Bildungsstätte ­Anne Frank, Campact, die Gewerkschaften, Kirchen, der Zentralrat der Juden, die Otto Brenner Stiftung sowie Hilfsorganisationen – ein ­Stiftungsgesetz, das die Förderung einer demokratiefeindlichen Stiftung wie der DES verhindern ­würde. An der Spitze der DES finden sich Personen mit direkten Verbindungen in das rechtsextreme Umfeld der Identitären Bewegung und des vom Verfassungsschutz als „gesichert rechtsextrem“ eingestuften „Institut für Staatspolitik“. Personen aus dem Stiftungsumfeld relativieren die Shoah, hetzen gegen Geflüchtete, Muslime und andere Minderheiten – und vertreten antisemitische und demokratiezer­setzende Positionen, die mit den Werten des Grundgesetzes nicht vereinbar sind.

Frisch an der Macht schien die ­Ampel-Regierung die Warnungen endlich ernst zu nehmen, versprach im Koalitionsvertrag, sich für eine gesetzliche Regelung einsetzen zu wollen. Doch folgten den Worten keine Taten. Lieber ließ man die Haushaltspolitiker über die Verteilung der Gelder an die parteinahen Stiftungen entscheiden. Die Stiftung der AfD ging dabei leer aus. Die Partei klagte erwartungsgemäß – und bekam nun von Karlsruhe Recht. Ein Teilerfolg für die AfD, der alle demokratischen Parteien im Bundestag blamierte.

Trägheit und Egoismus

Zuletzt verstärkte sich der Eindruck, dass vor allem die SPD lieber die Pfründe für die eigene Stiftung sichert, als aktiv etwas gegen die Feinde der Demokratie um Erika Steinbach zu unternehmen. Lieber ließ man sich von Karlsruhe abstrafen als zu handeln. Dabei liegen die Gesetzesentwürfe längst auf dem Tisch, einen hat die Bildungsstätte Anne Frank schon vor zwei Jahren erarbeitet. Wie soll man im Angesicht dieser Trägheit und dieses Egoismus nicht politikverdrossen werden?

Die staatliche Förderung der ­Desiderius-Erasmus-Stiftung wäre eine Katastrophe für unsere Demokratie. Mit den Millionen Euro ­würde die Stiftung Nachwuchspflege betreiben, Stipendien vergeben, extrem rechte Kader ausbilden. Wir sehen zahlreiche Björn Höckes im Kommen, die in die Schulen, Krankenhäuser, den Justizapparat, die Politik, die Leitmedien strömen werden. Wehrhafte Demokraten erwarten nun von der Bundesregierung – und allen voran von der ­regierenden SPD –, dass sie bei der Gesetzgebung auf Tempo setzt. Sonst füttert unsere Demokratie ­ihre Feinde. Diese Katastrophe ­müssen wir ­unter allen Umständen verhindern.

Meron Mendel ist Direktor der Bildungsstätte Anne Frank in Frankfurt am Main.