Artikel teilen:

Experten: Hirnhautentzündung nach Zeckenbiss nicht unterschätzen

Durch die warmen Winter sind Zecken ganzjährig aktiv – in diesem Jahr wurden bereits Fälle von Frühsommer-Meningoenzephalitis (FSME) gemeldet. Risikogebiet sei mittlerweile ganz Deutschland, sagen Experten.

Gesundheitsgefahr durch Zeckenbiss: Nach Einschätzung von Experten ist mittlerweile ganz Deutschland ein Risikogebiet für eine Frühsommer-Meningoenzephalitis (FSME). “Man muss in ganz Deutschland damit rechnen”, sagte Gerhard Dobler, Leiter des Nationalen Konsiliarlabors FSME am Institut für Mikrobiologie der Bundeswehr in München, am Dienstag in Stuttgart. Seit 2017 nimmt die Zahl der FSME-Fälle demnach kontinuierlich zu. 2024 gab es mit 686 FSME-Fällen laut Angaben die zweithöchste Anzahl seit über 20 Jahren.

Bei leichten Verläufen klagen die Patienten vorwiegend über starke Kopfschmerzen. Bei schwereren Verläufen sind auch Gehirn und Rückenmark betroffen. Zu den Symptomen gehören etwa Koordinationsstörungen, Lähmungen und epileptische Anfälle. Für rund ein Prozent der Patienten endet die Krankheit tödlich.

Bei FSME handele es sich um eine sehr schwere Infektion, die nicht verharmlost werden dürfe sagte Ute Mackenstedt, Parasitologin an der Universität Hohenheim. Auch bei auf den ersten Blick leichteren Verläufen könne sie sehr ernste langfristige Beeinträchtigungen der Gesundheit nach sich ziehen.

Schon jetzt seien die ersten FSME-Fälle des laufenden Jahres zu verzeichnen – unter anderem in Baden-Württemberg, Bayern und Sachsen. “Zecken als Überträger der FSME-Viren sind inzwischen ganzjährig aktiv”, sagte Mackenstedt. Grund dafür sei der Klimawandel, der es Zecken erlaube, im warmen Winter aktiv zu bleiben.

Nördlich der Mittelgebirge seien die Fallzahlen zwar deutlich niedriger, doch auch hier zeige sich ein ansteigender Trend; etwa auch Niedersachsen, Nordrhein-Westfalen und Mecklenburg-Vorpommern meldeten Höchststände für das Jahr 2024 bei den Erkrankungen.

Die bisher in einer Karte des Robert Koch Instituts (RKI) ausgewiesenen regionalen Risiko-Gebiete für eine FSME-Infektion könnten dazu führen, dass sich die Menschen andernorts in falscher Sicherheit wögen, warnte Dobler. Auch Ärzte erklärten mitunter, man befinde sich nicht im Risikogebiet.

Dobler sprach sich dafür aus, ganz Deutschland als FSME-Risikogebiet zu bezeichnen und die bisherigen durch das RKI gekennzeichneten Risikogebiete in “Hochrisikogebiete” umzubenennen. “Das würde vieles in der Ärzteschaft klarer machen.” Er befürwortete besonders in Hochrisikogebieten eine Impfung. Sie bietet demnach bei einer vollständigen Immunisierung einen sehr hohen Schutz bis zu 98 Prozent vor einer FSME-Infektion.

Dabei dürfe die Anzahl der Fälle von FSME-Infektionen in einer bestimmten Region nicht mit der dortigen Zahl von Zecken gleichgesetzt werden. Zecken gebe es überall – “mitunter mehr in Norddeutschland als in Süddeutschland”, so Mackenstedt. Städtische Umgebungen schützten nicht vor Zeckenbissen und auch nicht vor FSME-Infektionen. Einer der ältesten FSME-Herde befinde sich etwa in Stuttgart, sagte Mackenstedt.

Ausrotten könne man die FSME-Infektion nicht, betonten die Forscher. “Eine Impfung bietet nur einen individuellen Schutz, da das Virus nicht von Mensch zu Mensch übertragbar ist”, sagte Dobler.