Nach dem mutmaßlichen Anschlag auf einen Demonstrationszug in München herrscht Entsetzen. „Es ist einfach furchtbar“, sagte Ministerpräsident Markus Söder (CSU) in einem Statement am Tatort. Oberbürgermeister Dieter Reiter (SPD) sprach von einem „schwarzen Tag für München“. Vertreterinnen und Vertreter aus Politik, Kirchen und Gesellschaft zeigten sich entsetzt, riefen aber auch dazu auf, nicht über die Hintergründe zu spekulieren. Über die Motive des Täters machte die Polizei zunächst keine Angaben.
Am Donnerstagvormittag war in der Nähe des Stiglmaierplatzes ein Auto in eine Demonstration der Gewerkschaft Verdi gerast. Dabei wurden mindestens 28 Personen teils schwer verletzt. Tatverdächtig ist laut Polizeiangaben ein 24-jähriger afghanischer Asylbewerber, der wegen Ladendiebstählen und Drogendelikten bereits polizeibekannt war. Laut Medienberichten wurde sein Asylgesuch abgelehnt. Von einem Zusammenhang mit der am Freitag beginnenden Münchner Sicherheitskonferenz gehen die Ermittler nicht aus.
Söder sprach den Opfern seine Anteilnahme aus und dankte den Rettungskräften. Die Hintergründe des mutmaßlichen Anschlags müssten nun aufgeklärt werden. „Aber ich sage Ihnen auch, dass unsere Entschlossenheit wächst. Es ist nicht der erste Fall und wer weiß, was noch passiert“, sagte Söder mit Blick auf die Messerattacke von Aschaffenburg im Januar, als ein abgelehnter afghanischer Asylbewerber zwei Menschen getötet und drei weitere teils schwer verletzt hatte. „Es reicht einfach“, ergänzte Söder.
Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) forderte eine konsequente Bestrafung und die anschließende Abschiebung des Attentäters. Es müsse ganz klar sein, „dass die Justiz mit all ihren Möglichkeiten hart vorgeht gegen diesen Täter“, sagte Scholz am Donnerstag am Rande einer Veranstaltung in Fürth. Eine Tat wie in München dürfe weder geduldet noch hingenommen werden. Scholz nannte die Tat einen „furchtbaren Anschlag“ und wünschte den Verletzten eine vollständige Genesung. Scholz sagte: „Wer Straftaten in Deutschland begeht, wird nicht nur hart bestraft und muss ins Gefängnis, sondern er muss auch damit rechnen, dass er seinen Aufenthalt in Deutschland nicht fortsetzen kann.“ Das gelte auch für Menschen aus Ländern, in die Rückführungen schwierig seien.
Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) dankte unterdessen der Polizei für ihr schnelles, entschlossenes Vorgehen. Sie kündigte die „maximale Härte“ des Rechtsstaats an: „Wir haben die Gesetze für die Ausweisung von Gewalttätern und für mehr Abschiebungen massiv verschärft, jetzt müssen sie mit aller Konsequenz durchgesetzt werden.“ Deutschland sei der einzige Staat, der in Europa trotz der Taliban-Herrschaft nach Afghanistan abschiebe.
Aus der bayerischen evangelischen Landeskirche hieß es, es sei unfassbar, was Menschen anderen Menschen antun können. Landesbischof Christian Kopp, Regionalbischof Thomas Prieto Peral und Stadtdekan Bernhard Liess sagten: „Als Kirche stehen wir an der Seite derer, die verletzt wurden und aller, die um ihre Angehörigen bangen. Unsere Notfall-Seelsorge war vor Ort und arbeitet weiter.“ Prieto Peral schrieb außerdem auf Facebook: „Lasst uns in diesen schweren Zeiten zusammenstehen! In Momenten wie diesen spüren wir, wie kostbar und wie zerbrechlich unser friedliches Miteinander ist. Für diesen Frieden braucht es einen wirksamen Rechtsstaat und eine starke Demokratie.“
Der Münchner Kardinal Reinhard Marx sagte, er sei schockiert und erschüttert über den schrecklichen Vorfall. Er sei in Gebeten bei den Opfern und Angehörigen und danke den Einsatzkräften für ihr schnelles Handeln.
Auch die Gewerkschaft Verdi zeigte sich in einer ersten Reaktion schockiert vom Angriff auf eine ihrer Demonstrationen. „Unsere Gedanken sind bei den unschuldigen Opfern und Verletzten sowie ihren Angehörigen“, sagte der Vorsitzende Frank Werneke. Dies sei ein schwerer Moment für alle Kolleginnen und Kollegen. „Wir Gewerkschaften stehen für ein solidarisches Miteinander, gerade auch in so einer dunklen Stunde.“ An Spekulationen über die Hintergründe der Tat wolle man sich daher nicht beteiligen.
Verdi hatte für Donnerstag zu einem Großstreiktag im öffentlichen Dienst aufgerufen. Auch in anderen Städten wurde gestreikt. Die Kundgebungen wurden aus Respekt vor dem Geschehenen und den betroffenen Personen abgebrochen.