Es geht um einen Schulterschluss von Pflege und Medizin: Weil Hausärzte in ländlichen Regionen fehlen, könnte die Pflege mehr ärztliche Aufgaben übernehmen. Drei Länder wollen das probieren.
Die Länder Berlin, Brandenburg und Mecklenburg-Vorpommern starten ein Modellprojekt, das die medizinische und pflegerische Versorgung chronisch kranker Menschen in der Region verbessern soll. Ziel ist es, Ärztinnen und Ärzte durch den Einsatz speziell qualifizierten Pflegepersonals zu entlasten; erfahrene Pflegekräfte übernehmen bestimmte Aufgaben von Hausärztinnen und Hausärzten. Dadurch soll auch die Rolle der Pflege insgesamt gestärkt werden.
Das Projekt, das am 1. Juli startet, wird aus dem Innovationsfonds des Gemeinsamen Bundesausschusses von Ärzten und Krankenkassen bei einer Laufzeit von 3,5 Jahren mit rund 6,7 Millionen Euro gefördert.
“Eine immer älter werdende Bevölkerung stellt die Gesundheitsvorsorge nicht nur in unserem Bundesland in den nächsten Jahren vor enorme Herausforderungen”, sagte Brandenburgs Gesundheitsministerin Ursula Nonnemacher (Grüne) am Freitag bei der Eröffnungsveranstaltung in Berlin. Das Modellprojekt verzahne Medizin und Pflege und trage vor allem in ländlichen Gebieten zur Sicherung einer flächendeckenden Versorgung bei.
In der Startphase des Projekts werden zunächst neun examinierte Pflegefachkräfte mit langjähriger Berufserfahrung sechs Monate lang durch die Universitätsmedizin Greifswald in Vollzeit ausgebildet. Der Schwerpunkt liegt dabei unter anderem auf den Themen Geriatrie, Schmerzbehandlung, Bluthochdruck sowie Ernährung/Ausscheidung. Abgeschlossen wird die Ausbildung mit einer dreitägigen staatlich anerkannten Prüfung.
Diese speziell ausgebildeten Fachkräfte übernehmen dann in ausgewählten Regionen in Brandenburg, Berlin und Mecklenburg-Vorpommern Hausbesuche und Behandlung von 100 Patientinnen und Patienten mit bereits diagnostizierten Erkrankungen in enger Abstimmung mit den versorgenden Ärztinnen und Ärzten. Diese können über Videosprechstunden bei Bedarf hinzugezogen werden. Die Versorgung der ersten 100 Patientinnen und Patienten startet am 1. Juli. Geplant sind vier Phasen mit insgesamt mehr als 1.200 Patientinnen und Patienten.
Der Deutsche Pflegerat und Pflegeexperten drängen seit langem darauf, die vorhandenen Kompetenzen von Pflegekräften stärker zu nutzen und bestimmte ärztliche Tätigkeiten auf die Pflege zu übertragen. Dadurch werde auch das Berufsbild attraktiver. Bislang ist das lediglich in Modellprojekten erlaubt.