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„Another German Tank Story“: Hollywood dreht in Brandenburg

In seinem Kinodebüt erzählt Regisseur Jannis Alexander Kiefer von einem fiktiven Brandenburger Dorf, das zum Drehort einer US-Serie über den Zweiten Weltkrieg wird.

Das Filmplakat von „Another German Tank Story“ illustriert die Bewohner des fiktiven Dorfes Wiesenwalde an ihren Fenstern. Ein Ausschnitt.
Das Filmplakat von „Another German Tank Story“ illustriert die Bewohner des fiktiven Dorfes Wiesenwalde an ihren Fenstern. Ein Ausschnitt.promo

Ein Schilderwald, so wie man ihn manchmal bei Ausflügen ins Brandenburgische in den kleinen Ortschaften im Abseits entdeckt, ist eines der Filmbilder, die vom Kinofilm „Another German Tank Story“ von Nachwuchsregisseur Jannis Alexander Kiefer beim Zuschauer hängenbleiben. Die hölzernen und schon etwas in die Jahre gekommenen Pfeile verweisen auf die ehemalige Zuckerfabrik, damals wahrscheinlich ein Volkseigener Betrieb (VEB), auf die Telemann-Klause, das Kurhotel Telemann, das Zeltlager Telemann und auf die KZ-Gedenkstätte in Ortsnähe. Natürlich. Deutsche Erinnerungskultur am Limit. Der Komponist Georg Philipp Telemann soll einst in diesem fiktiven Wiesenwalde vom örtlichen Brunnen getrunken haben und so von schwerer Krankheit geheilt worden sein. Auf absurde Weise trifft Geschichte auf Geschichte. Soweit, so Brandenburg.

„Another German Tank Story“ spielt in fiktivem Brandenburger Dorf

Und nun soll hier wieder Historisches passieren. Eine große US-Serienproduktion über den Zweiten Weltkrieg wird in Wiesenwalde gedreht. Ein wahres Paradies für Locationscouts, denn ein bisschen NS-Vergangenheit lässt sich ja in einem deutschen Dorf immer finden. Und die Nazi-Statisten liefert der Ort gleich mit. Eingefädelt hat diesen Deal mit den US-Filminvasoren die frisch gewählte Bürgermeisterin Kerstin, wunderbar dröge gespielt von Meike Droste. In ihrem Büro, in dem der Muff der DDR noch sichtbar ist, träumt sie von blühenden Landschaften in Wiesenwalde. Dreh- und Angelpunkt der Kinoerzählung ist aber nicht der Filmdreh, der die Wiesenwalder Wende bringen soll, sondern die Biografien der Dorfbewohner.

Die US-Crew ist zumeist nur im Off zu vermuten, genauso wie die Dreharbeiten entweder nur durch Maschinengewehrsalven hörbar oder als Explosionen am Horizont und hinter den hohen Mauern des alten Zuckerkombinats sichtbar werden. Nicht versteckt hingegen ist die Geschichte von Bert, dem gescheiterten Rückkehrer, die am Bahnhof beginnt, der seine besten Zeiten schon hinter sich hat. Oder die von Tobi, dem sensiblen Sohn der Bürgermeisterin, der seine vermasselte Führerscheinprüfung verheimlicht und die Filmcrew als talentloser Produktionsfahrer in Zeitlupe durchs Dorf kutschiert. Oder sein bester Freund, der als Statist auf die große Karriere hofft und sich etwas zu wohlfühlt in der extra für ihn angefertigten Wehrmachtsuniform.

„Another German Tank Story“ macht Brandenburger Dorf zur NS-Kulisse

Oder Rosi, die schon zwei Diktaturen erlebt hat und nun selbstbestimmt aus dem Leben scheiden möchte, nicht ohne zuvor alte DDR-und Nazidevotionalien im Garten mit Telemann-Schnaps zu verbrennen. Oder Jenny, die Wirtin der Klause, die jetzt ganz Geschäftsfrau Pancake-Burger verkauft mit Blick auf die vielen US-Touristen, die künftig in Wiesenwalde Halt machen sollen. Und dann steht da auf einmal noch ein Panzer wie ein großer, grauer Elefant im besagten Raum. Symbolisch für die Lebenslügen, denen sich keiner der Protagonisten stellen will.

Eine leise Kritik am Ende: Es ist schade, dass keine der Figuren einen Brandenburger Zungenschlag hat. Wenn der öffentlich-rechtliche Rundfunk im Bayerischen dreht, ist der Dialekt ein wichtiges dramaturgisches Stilmittel. Leider hat der Regisseur darauf verzichtet. Der Soundtrack macht das aber wett. Er bettet die Filmerzählung wunderbar ein in Telemann-Kompositionen und einen wirklich außergewöhnlichen eigenen Score, der die Kinofiguren liebevoll durch ihren Dorfalltag trägt.

Another German Tank Story (Deutschland 2024). Regie: Jannis Alexander Kiefer. Mit: Meike Droste, Johannes Scheidweiler, Monika Lennarz, Alexander Schuster, Roland Bonjour, Gisa Flake. Ab 10. April im Kino.