MAGDEBURG/MÜNCHEN – Nach den Wahlerfolgen der rechtskonservativen AfD hat eine Debatte über ein Versagen der etablierten Parteien und eine restriktivere Flüchtlingspolitik begonnen. Der Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Heinrich Bedford-Strohm, sagte am Wahlabend, die „überragende Mehrheit der Deutschen“ wolle schutzsuchenden Menschen auch weiterhin Hilfe zukommen lassen. Darüber sollten die Ergebnisse für eine rechtspopulistische Partei nicht hinwegtäuschen. Die AfD schaffte bei den Landtagswahlen in Baden-Württemberg, Rheinland-Pfalz und Sachsen-Anhalt aus dem Stand mit zweistelligen Ergebnissen den Einzug in die Parlamente. Die Rechtspopulisten hatten in den Wahlkämpfen gegen die Flüchtlingspolitik der Bundesregierung mobil gemacht.
Bedford-Strohm forderte: „Die demokratischen Parteien sollten jetzt gemeinsam den Blick nach vorne richten.“ Eine europäische Lösung der Flüchtlingskrise, eine entschlossene Integrationspolitik und schnelle Asylverfahren seien „das beste Mittel gegen rechtsextreme Stimmungsmache in unserem Land“.
Die Kirchen in Sachsen-Anhalt haben bestürzt auf den Wahlerfolg der AfD in dem Bundesland reagiert. Er sei erschrocken über die große Zahl von Menschen im Land, die offenbar den Eindruck haben, dass sie nicht gehört und verstanden werden, sagte der Kirchenpräsident der Evangelischen Landeskirche Anhalts, Joachim Liebig, in Dessau-Roßlau. Dieses Problem werde Sachsen-Anhalt nachhaltig beschäftigen. Es seien negative Konsequenzen zu befürchten, „wie sie in Sachsen bereits jetzt spürbar sind“. Im Wahlkampf in Sachsen-Anhalt sei vielfach das demokratische System diffamiert worden, sagte Liebig.
Die mitteldeutsche Landesbischöfin Ilse Junkermann sagte, der hohe Zuspruch für die AfD signalisiere, dass viele Menschen verunsichert seien. Auf komplexe Fragen gebe es keine einfachen Antworten. Die AfD werde deshalb ihre Politik- und Demokratiefähigkeit in der parlamentarischen Arbeit und nicht nur auf der Straße unter Beweis stellen müssen. „Sachlich und kompetent für realistische Lösungen einstehen anstatt mit einfachen Parolen zu polarisieren und Ängste zu verstärken – daran werden sich die Abgeordneten der AfD im Landtag messen lassen müssen“, sagte Junkermann.
Die frühere Präsidentin des Zentralrates der Juden in Deutschland, Charlotte Knobloch, äußerte sich besorgt über das Abschneiden der AfD. Die AfD habe sich „bewusst jenseits der Grenzen des freiheitlich-demokratischen Spektrums begeben“. „Je nach Region finden sich spätestens auf den hinteren Listenplätzen Gestalten von ganz rechts außen, darunter ehemalige NPD-Mitglieder, Neonazis“, sagte die Präsidentin der Israelitischen Kultusgemeinde München und Oberbayern (siehe auch Kommentar Seite 5). epd
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AfD-Erfolg: Kirchen reagieren bestürzt
Debatte über Flüchtlingspolitik nach dem AfD-Einzug in drei Landesparlamente