Bei den seit Donnerstagmorgen bundesweit laufenden Durchsuchungen bei zwei wegen Islamismusverdachts verbotenen Vereinigungen haben nach Ministeriumsangaben etwa 500 Einsatzkräfte an bislang 16 Orten mitgewirkt. Wie das Bundesinnenministerium am Donnerstag in Berlin mitteilte, sind auch Islamwissenschaftler bei der Auswertung von Beweismitteln tätig. Untersucht werden demnach Objekte der von Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) am 2. November verbotenen Terrororganisation Hamas und des internationalen Netzwerks “Samidoun – Palestinian Solidarity Network”.
Elf der durchsuchten Objekte befinden sich den Angaben zufolge in Berlin, jeweils zwei in Nordrhein-Westfalen und Niedersachsen und eines in Schleswig-Holstein. Es handele sich vor allem um Wohnungen, hieß es. Sichergestellt worden seien Mobiltelefone, Laptops und weitere Datenträger und Schriftstücke. Von der Auswertung erhoffen sich die Behörden weiteren Aufklärung der verbotenen Strukturen.
“Wir setzen unser konsequentes Vorgehen gegen radikale Islamisten fort”, erklärte Faeser. “Mit den Verboten von Hamas und Samidoun in Deutschland haben wir das klare Signal gesetzt, dass wir keinerlei Verherrlichung oder Unterstützung des barbarischen Terrors der Hamas gegen Israel dulden”, betonte die Ministerin.
Faeser unterstrich, Islamisten und Antisemiten dürften sich nirgendwo sicher fühlen. “Diese Extremisten müssen mit der ganzen Härte des Rechtsstaats rechnen.” Die Tätigkeit der Hamas in Deutschland laufe Strafgesetzen zuwider und richte sich gegen den Gedanken der Völkerverständigung im Sinne des Grundgesetzes und des Vereinsgesetzes.
Kritik am aus ihrer Sicht zu späten Zeitpunkt der Durchsuchungen kam von der Unionsfraktion im Bundestag. Faesers Vorgehen beim Verbot von Hamas und Samidoun sei äußerst unüblich und werfe Fragen auf, sagte der innenpolitische Sprecher der Fraktion, Alexander Throm (CDU), am Donnerstag dem Redaktionsnetzwerk Deutschland. Seit der Ankündigung des Verbots durch Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) in dessen Regierungserklärung am 12. Oktober sei “wertvolle Zeit verstrichen”, so Throm. In dieser Zeit hätten “Beweise vernichtet, Vermögenswerte verschoben und mögliche Ersatzvereine gegründet” werden können.
Das Bundesamt für Verfassungsschutz rechne der Hamas in Deutschland etwa 450 Mitglieder zu, erklärte das Ministerium. Ihre Aktivitäten reichten nach derzeitigen Erkenntnissen von Sympathiebekundungen und Propagandaaktivitäten bis hin zu Finanzierungs- oder Spendensammelaktivitäten, um die Kernorganisation im Ausland zu stärken. Hamas-Anhänger in Deutschland setzten sich dafür ein, den politischen und gesellschaftlichen Diskurs in Deutschland im Sinne der Gruppierung zu beeinflussen. Gewalttätige Aktionen der Hamas hätten in Deutschland bisher nicht stattgefunden, so das Innenministerium.
Auch die Vereinigung Samidoun richte sich gegen den Gedanken der Völkerverständigung, hieß es weiter. Zudem beeinträchtige und gefährde sie das friedliche Zusammenleben, befürworte Gewaltanwendung als Mittel zur Durchsetzung politischer Belange und unterstütze Vereinigungen, die Anschläge befürworten und androhen.