Mindestens 45 Personen waren es, die am 23. Juli in Ugandas Hauptstadt Kampala festgenommen wurden. Mit nichts als beschrifteten Papieren in den Händen war Ugandas Jugend an dem Tag zum Parlament marschiert, um gegen die weitverbreitete Korruption zu protestieren. An die hundert Menschen machten mit. Eine vergleichsweise große Zahl für das ostafrikanische Land, in dem Proteste schnell mit Polizeigewalt niedergeschlagen werden.
Die Demonstrationen in Uganda sind kein Einzelfall. Auch in Kenia und Nigeria gingen in den vergangenen Monaten hunderte junger Menschen auf die Straße, um gegen Korruption, steigende Lebenshaltungskosten, Arbeits- und Perspektivlosigkeit zu protestieren. Es ist der Ausdruck einer tiefen Unzufriedenheit und dem Wunsch nach mehr Transparenz und Rechenschaft.
Digitale Netzwerke wie TikTok, Instagram, X und WhatsApp sind dabei entscheidend: Untersuchungen hätten gezeigt, dass die Generation Z oder die Millennials ihre Nachrichten auf solchen Plattformen konsumieren, erklärt der Universitätsprofessor Lungile Tshuma aus Simbabwe, der zu Fragen rund um Medien und Protestkulturen in Afrika forscht. „Es sind also diese digitalen Räume, in denen die jungen Leute mehr über das Versagen des Staates erfahren, über Themen wie Korruption und den Zustand der Nation“, sagt er. Der Erfolg der Mobilisierung aber hänge vom Niveau der Demokratie in dem jeweiligen Land ab.
In Uganda seien die Proteste auf der Straße deshalb gescheitert. Dort griff an dem Protesttag im Juli die Polizei umgehend ein: Innerhalb weniger Stunden war die Demonstration aufgelöst, zahlreiche junge Menschen waren vorläufig in Haft. Knapp einen Monat später kamen zu einer erneuten Anti-Korruptionsdemonstration nur noch eine Handvoll Demonstrantinnen und Demonstranten.
„Es handelt sich um autoritäre Regime, die mit starker Hand gegen die eigene Bevölkerung vorgehen. Wer in Angst lebt, lässt sich nicht so einfach auf die Straße locken“, sagt Tshuma. Menschen zu mobilisieren, sei daher in autoritären Staaten nicht leicht.
Dort komme dem Internet und den digitalen Medien dann umso mehr eine besondere Bedeutung zu: „In Ländern, wo die traditionellen Medien von Regierungen kontrolliert werden, sind digitale Räume oft die einzige Möglichkeit für marginalisierte Gemeinschaften, ihre Stimme sichtbar zu machen“, erklärt der Experte.
So habe die „Fridays for Future“-Bewegung in Uganda schon digitale Proteste auf der Social-Media-Plattform X veranstaltet, sagt die Umweltaktivistin Hilda Flavia Nakabuye. Dabei werde zu einem bestimmten Zeitpunkt das Internet mit Nachrichten unter einem gemeinsamen Hashtag geflutet, um Sichtbarkeit zu schaffen. Das Risiko von Verhaftungen sei dadurch deutlich geringer. Allerdings räumt sie ein: „Mit solchen Protesten erreichen wir nicht unbedingt die breite Masse.“
Eine wichtige Rolle bei den Protesten nähmen Humor und Satire ein, erläutert Forscher Tshuma. Das lässt sich im Netz besonders gut transportieren. „Hinter Humor versteckt lassen sich Dinge sagen, ohne sie direkt auszusprechen“, sagt Tshuma. „Vor allem in autoritären Staaten kann dies als Schutzschild dienen.“ So werde der kenianische Präsident William Ruto spöttisch Zakayo genannt, der Swahili-Name für die biblische Figur des Zachäus und eine Anspielung auf dessen Ruf als gieriger Steuereintreiber.
Ein Beispiel ist auch die „Pothole Exhibition“ in Uganda – ein Trend, bei dem 2023 Fotos von Schlaglöchern in der Hauptstadt online geteilt wurden, geschmückt mit Zeichnungen von Schiffen oder Bade- und Angelszenen, um auf den katastrophalen Zustand der Straßen aufmerksam zu machen. Ein Fingerzeig, der die Behörden in Erklärungsnot brachte und das Thema in die Parlamentsdebatten hob.