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Studie: Viele Geflüchtete zieht es nach Flensburg

Geflüchtete Menschen ziehen vor allem in wirtschaftlich schwache Städte mit hoher Arbeitslosigkeit. Das ergab eine Studie des Wissenschaftszentrums Berlin für Sozialforschung (WZB). Der entscheidende Grund ist günstiger Wohnraum, wie das Zentrum am Montag mitteilte. Für die Studie haben WZB-Forscher Jonas Wiedner und Merlin Schaeffer erstmals die Umzüge von über 2.400 geflüchteten Personen zwischen 2015 und 2019 analysiert.

„Flüchtlinge weichen oft in Städte strukturschwacher Regionen aus, wo sie überhaupt erst die Chance auf eine Wohnung haben“, sagte Wiedner dem Evangelischen Pressedienst (epd). Während der Anteil anerkannter Flüchtlinge deutschlandweit um 2,9 Prozentpunkte stieg, waren es in vielen Städten des Ruhrgebiets deutlich über 5 Prozentpunkte. In vielen wohlhabenden Regionen Bayerns stieg der Bevölkerungsanteil von Flüchtlingen hingegen kaum, etwa nur um 0,1 Prozentpunkte im Landkreis Eichstätt.

In Schleswig-Holstein seien die Flüchtlingsanteile an der Bevölkerung zwischen 2015 und 2019 von 1,4 Prozent auf 5,1 Prozent gestiegen. Dies sei mit anderen westdeutschen Flächenländern vergleichbar, hieß es. Regional gebe es allerdings einige Unterschiede: Am wenigsten Zuzug habe es in den ländlichen Landkreisen Schleswig-Flensburg und Ostholstein mit einem Plus von jeweils 2 Prozentpunkten gegeben, den höchsten Anstieg verzeichnete Flensburg mit 7,3 Prozentpunkten.

Geflüchtete Menschen seien oft auf Infrastrukturen größerer Städte angewiesen. Wiedner: „Hier finden sie zum Beispiel soziale Kontakte zu anderen Einwanderern und deren Nachfahren, die ihnen ein Gefühl von Zugehörigkeit vermitteln.“

Die Studie zeige insgesamt: Je höher die Arbeitslosigkeit in einer Region sei, desto stärker steige der Flüchtlingsanteil an der Bevölkerung. Damit seien Kommunen mit einer herausfordernden Sozialstruktur darüber hinaus mit höheren Belastungen durch die Integration der Flüchtlinge konfrontiert.

„Die Zielsetzung des sogenannten Königsteiner Schlüssels wird dadurch verfehlt“, sagte Wiedner. Dieser Schlüssel sehe die Verteilung von Flüchtlingen auf Länder und Kreise nach deren Bevölkerung und Steueraufkommen vor. Wirtschaftsstärkere Regionen sollen demnach eine höhere Zahl an Schutzsuchenden aufnehmen.

Die Ergebnisse der WZB-Studie könnten zur Diskussion über die Wohnsitzregelung beitragen. Diese schreibe seit 2016 vor, dass schutzberechtigte Personen in vielen Fällen drei Jahre am Ort ihres Asylverfahrens leben müssen. Wissenschaftliche Untersuchungen belegen laut WZB, dass solche Wohnsitzauflagen oft die Integration verlangsamen könnten.

Wie die aktuelle Studie zeigt, würde nur eine Minderheit der Geflüchteten tatsächlich in andere Regionen ziehen, sobald es ihnen erlaubt ist. Und diejenigen, die mobil sind, würden ihre Wohnlage durch den Umzug in ärmere Gegenden nicht verbessern. „Die aktuelle Wohnungsnot stellt ein erhebliches Integrationshindernis dar“, sagte Wiedner.