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Steuerreform: Aus für das Splitting oder mehr Gerechtigkeit?

Die Ankündigung von Finanzminister Lindner zur Abschaffung der Steuerklassen III und V sorgt für Wirbel. Während die Caritas-Präsidentin die Änderung begrüßt, will Ministerpräsident Ramelow eine große Reform.

Caritas-Präsidentin Eva-Maria Welskop-Deffaa begrüßt die geplante Abschaffung der Steuerklassen III und V. Es verändere die Verhandlungsposition in Partnerschaften zum Guten, wenn das Einkommen des weniger verdienenden Partners nicht länger durch überproportionale Steuerabzüge künstlich gemindert werde, sagte Welskop-Deffaa der Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA) am Donnerstag in Berlin.

Daher sei der Einwurf von Familienministerin Lisa Paus (Grüne) unverständlich, so Welskop-Deffaa. Paus sieht in der geplanten Reform einen ersten Schritt zur Abschaffung des Ehegattensplittings. Ministerpräsident Bodo Ramelow dagegen schließt sich der Einschätzung der Familienministerin an und dringt sogar auf eine grundlegende Reform der Steuerfreibeträge, um doch noch eine Einführung der Kindergrundsicherung zu ermöglichen.

Der Entwurf für das Jahressteuergesetz 2024, der in der vergangenen Woche öffentlich wurde, sieht die Abschaffung der Steuerklassen III und V vor. Ihre Kombination wird aktuell in der Regel von Ehepaaren in Anspruch genommen, bei denen die Einkommensdifferenz zwischen beiden Partnern vergleichsweise hoch ist. Stattdessen soll es für diese Paare zukünftig die Steuerklasse IV im sogenannten Faktorverfahren geben. Auf diese Weise soll der Progressionsnachteil gleichmäßig auf beide Partner verteilt werden. SPD, Grüne und FDP hatten sich bereits in ihrem Koalitionsvertrag darauf verständigt, die Steuerklassen zu reformieren.

Welskop-Deffaa betonte, das Ehegattensplitting schaffe die sachgerechte und faire Möglichkeit der gemeinsamen Veranlagung für Ehepartner, die gegenseitig zum Unterhalt verpflichtet seien. Dies ändere sich auch nach der geplanten Reform nicht.

Ramelow plädiert unterdessen dafür, alle Steuerfreibeträge einschließlich des Ehegattensplittings zusammen zu denken, um daraus Mittel für die Einführung einer echten Kindergrundsicherung zu gewinnen. Einfach das überkommene und veraltete Modell des Ehegattensplittings zu streichen, greife zu kurz, sagte Ramelow dem Redaktions-Netzwerk Deutschland. Statt mit überholten Förderinstrumenten weiter nur besser gestellten Einkommensbeziehern beizustehen, werde es Zeit für Chancengerechtigkeit. Bildung und Betreuung müssten beitragsfrei werden, zudem brauche es eine ausreichende Kindergrundsicherung für alle Kinder, betonte Ramelow.

SPD, Grüne und FDP hatten sich auch auf die Einführung einer Kindergrundsicherung verständigt, die einkommensschwachen Familien eine stabile Grundsicherung für ihre Kinder geben sollte. Ob diese Reform nun tatsächlich kommt, ist mehr als fraglich. Zudem werden die leicht angestiegenen Hilfen für Familien im Haushaltsentwurf von Grünen und FDP anders interpretiert: Während die Grünen diese sowie den inzwischen stärker abgerufenen Kinderzuschlag für einkommensschwache Familie als eine Grundlage für die Einführung eine Kindergrundsicherung sehen, spricht die FDP davon, dass das soziale Großprojekt vom Tisch sei.