Zum 80. Jahrestag der deutschen Kapitulation im Zweiten Weltkrieg hat Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier mehr Engagement des eigenen Landes für Frieden in der Ukraine angemahnt. „Deutschland wird gebraucht, um um Frieden zu ringen, wo er verloren gegangen ist“, sagte Steinmeier in der Gedenkstunde am 8. Mai im Bundestag. Auch das sei ein Auftrag des 8. Mai, sagte er zum Jahrestag des Endes der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft im Jahr 1945.
„Wir wissen, wohin Krieg führt. Wir fürchten ihn zurecht“, sagte Steinmeier. Er verteidigte in seiner Rede gleichzeitig die deutschen Aufrüstungspläne. Man müsse gemeinsam mit europäischen Partnern alles tun, um die „Landnahme“ des russischen Präsidenten Wladimir Putin aufzuhalten, sagte Steinmeier: „Wir müssen militärisch stärker werden, aber nicht um Krieg zu führen, sondern um Krieg zu verhindern.“
Steinmeier kritisiert Russland für falsche Narrative
Mehrmals kritisierte Steinmeier Russland für dessen Krieg gegen die Ukraine. Die Deutschen wüssten um den Beitrag der Roten Armee, die das NS-Vernichtungslager Auschwitz befreit habe. Deutschland trete aber der „Geschichtslüge“ Russlands entgegen, wonach der Angriffskrieg gegen die Ukraine eine Fortsetzung des Kampfs gegen den Faschismus sei. „Die Befreier von Auschwitz sind zu neuen Aggressoren geworden“, sagte Steinmeier. Die Botschafter von Russland und Belarus waren nicht zur Gedenkstunde im Bundestag eingeladen worden.
Der Bundespräsident ging auch auf das aktuell angespannte Verhältnis zu einem anderen der damaligen Alliierten, den USA, ein – einerseits zwischen den Zeilen, indem er angesichts des Kriegs in der Ukraine eine deutsche Außenpolitik forderte, „die Diplomatie nicht denen überlässt, die nur eigennützige Machtinteressen verfolgen“. Er kritisierte die USA aber auch offen dafür, dass sie sich von Regeln der Staatengemeinschaft abwendeten. Dies sei „eine Erschütterung von ganz neuem Ausmaß“, sagte das deutsche Staatsoberhaupt.
Warnung des Bundespräsidenten
Eindringlich warnte Steinmeier vor einem „Schlussstrich“ unter die Geschichte und kritisierte diejenigen in Deutschland, die das forderten – „auch in diesem Hause“, sagte er, ohne die AfD konkret zu benennen. Wer Gutes für das Land wolle, schütze das Miteinander, den Zusammenhalt und friedlichen Ausgleich von Interessen.
Der 80. Jahrestag des Endes des Zweiten Weltkriegs war in Berlin ein einmaliger Feiertag. Das Bild der Bundeshauptstadt war dadurch in Teilen geprägt von vielen Gedenkveranstaltungen. Zum Auftakt gehörte ein ökumenischer Gottesdienst, zu dem auch die Spitzen des Staates kamen, darunter der neue Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU) sowie Vertreterinnen und Vertreter seines Kabinetts.
Gedenkstunden in Kirchen und Gesellschaft
In der im Zweiten Weltkrieg durch Bomben stark beschädigten Kaiser-Wilhelm-Gedächtniskirche wurde an das Leid der Opfer der Nazis erinnert und unter anderem jüdische Musik gespielt. Der Vorsitzende der katholischen Deutschen Bischofskonferenz, Georg Bätzing, sagte, vor 80 Jahren sei Europa „eine schier unglaubliche Friedenszeit“ geschenkt worden. Heute schienen „autokratisches Machtgehabe und ökonomischer Egoismus“ im Vormarsch zu sein.