Zum Abschluss des in dieser Wahlperiode eingesetzten Untersuchungsausschusses zur Evakuierungsmission in Afghanistan hat der Bundestag über Konsequenzen debattiert. Die Arbeit des Ausschusses diene dazu, in der Zukunft Fehler zu vermeiden, sagte der Ausschussvorsitzende Ralf Stegner (SPD) am Donnerstag im Bundestag. Mit Blick auf die zurückgelassenen Ortskräfte der Bundeswehr und anderer Institutionen im Zuge des überstürzten Abzugs vor dreieinhalb Jahren formulierte er seine Lehre so: „Humanität muss immer Vorrang vor Bürokratie haben.“
Während andere Länder bereits im Mai 2021 mit Blick auf den Truppenabzug im Sommer des Jahres afghanische Mitarbeiter hätten einreisen lassen, habe es in deutschen Ministerien Vorbehalte und bürokratische Hürden gegeben, sagte Stegner. Die Grünen-Abgeordnete Sara Nanni kritisierte, der Bundesregierung sei bewusst gewesen, wie groß die Gefahr für damals aktuelle oder ehemalige Ortskräfte gewesen sei für den Fall, dass die Taliban die Macht wiedererlangen. Das Problem sei mangelnde politische Aufmerksamkeit gewesen, sagte sie.
Die FDP-Abgeordnete Ann-Veruschka Jurisch sagte, es habe in der damaligen schwarz-roten Bundesregierung „ein gerüttelt Maß an Wunschdenken bei gleichzeitig fehlender Planung für realistische Szenarien“ gegeben. Der CDU-Politiker Thomas Röwekamp verteidigte dagegen die damalige Verteidigungsministerin Annegret Kramp-Karrenbauer (CDU). Sie und die Bundeswehr hätten sich rechtzeitig und engagiert um die Ortskräfte gekümmert, sagte er.
Der im Juli 2022 eingesetzte Untersuchungsausschuss sollte die Umstände der militärischen Evakuierungsaktion aus Kabul im August 2021 aufklären. Die Evakuierung war nötig geworden, nachdem die radikalislamischen Taliban nach dem Abzug der internationalen Truppen kurz zuvor überraschend schnell die Hauptstadt zurückerobert hatten. Der Ausschuss hatte nach Angaben des Ausschussvorsitzenden Stegner 111 Zeuginnen und Zeugen, darunter viele damals Verantwortliche aus Deutschland und anderen Ländern, vernommen. Als letzte Zeugin wurde im Dezember die damalige Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) befragt.
Der Abschlussbericht des Ausschusses soll am 18. Februar vorgelegt werden. Der AfD-Abgeordnete Stefan Keuter kündigte in der Debatte ein Sondervotum seiner Fraktion an. Er vertrat die Auffassung, dass die Menschen, die für die Bundeswehr gearbeitet haben, unter dem Taliban-Regime nicht gefährdet seien.