Stolz, aber auch Gedenken an die Opfer – die Feiern zum Kriegsende 1945 haben für die Sieger immer ein Doppelgesicht. Allein die UdSSR beklagte über 20 Millionen Tote. 2025 ist der Tag von der Weltlage überschattet.
Am 8. Mai 1945 waren sie die “Großen Vier” und das Schicksal des besiegten Deutschlands lag in ihrer Hand. Doch bald trennte die Siegermächte des Zweiten Weltkriegs – Sowjetunion, USA, Großbritannien und Frankreich – der Kalte Krieg. Heute, zum 80. Jahrestag des Kriegsendes, ist die Weltlage wieder eine ganz andere. Das spiegelt sich auch in den Feierlichkeiten dieser Woche.
Seit 1945 wird auf dem Moskauer Roten Platz der “Tag des Sieges” im “Großen Vaterländischen Krieg” am 9. Mai gefeiert. Denn Stalin bestand damals auf einer eigenen Kapitulationsunterzeichnung, einen Tag nach Kapitulation der Wehrmacht vor den Westalliierten. Mehr als 20 Millionen Tote hatte die damalige Sowjetunion zu beklagen.
Diesmal werden auf der Tribüne laut der russischen Präsidialkanzlei 6.740 Menschen Platz haben. Neben Staatschef Wladimir Putin werden wohl wieder Kriegsveteranen sitzen. Knapp 20 Staats- und Regierungschefs werden erwartet. Auch der chinesische Präsident Xi Jinping, ein strategischer Partner Putins, wird zur Siegesparade nach Moskau kommen. Bisher nahm er nur 2015 daran teil.
Offiziell angekündigt sind auch die Präsidenten Serbiens, Brasiliens, Venezuelas, Kubas, Burkina Fasos, Vietnams und ehemaliger Sowjetrepubliken. Auch der slowakische Ministerpräsident Robert Fico will trotz Kritik aus dem In- und Ausland nach Moskau reisen. Die EU-Außenbeauftragte Kaja Kallas warnte, die Teilnahme eines EU-Staates an der Moskauer Parade werde Brüssel wegen Russlands Angriffskrieg auf die Ukraine “nicht auf die leichte Schulter” nehmen.
Die Ukraine verschob das offizielle Gedenken an das Ende des Zweiten Weltkriegs 2023 vom 9. auf den 8. Mai – wegen Russlands Angriff. Kiew will sich auch so von Moskau abgrenzen. Seither ist der 8. Mai als “Tag des Gedenkens und des Sieges über den Nationalsozialismus” in der Ukraine arbeitsfrei. Der 8. Mai heißt jetzt Europatag. An ihm feiere man die “Einheit aller Europäer, die den Nazismus vernichtet haben und den russischen Faschismus besiegen werden”, so Präsident Wolodymyr Selenskyj 2023. Eine Militärparade plant Kiew nicht. Ob ranghohe ausländische Gäste die Ukraine besuchen, ist noch unklar.
Die britische Königsfamilie wird sich an mehreren Gedenkveranstaltungen beteiligen. Die ersten Feierlichkeiten beginnen bereits am Montag. An diesem Tag ist eine große Militärparade geplant, die am Buckingham-Palast endet. Den Abschluss bildet eine Flugshow der Royal Air Force.
König Charles III. und Königin Camilla werden gemeinsam mit weiteren Mitgliedern der königlichen Familie sowie Premierminister Keir Starmer auf dem Balkon des Palastes erscheinen. Am gleichen Ort haben vor 80 Jahren König George VI., seine Tochter und spätere Queen Elizabeth und Premierminister Winston Churchill mit den Menschen das Kriegsende gefeiert. Im Anschluss lädt die Königsfamilie Kriegsveteranen zu einer festlichen Teeparty im Palast ein – eine symbolische Geste der Dankbarkeit. Zeitgleich werden im ganzen Land zahlreiche Straßenfeste gefeiert.
Am eigentlichen Gedenktag, dem 8. Mai, findet in der Westminster Abbey ein feierlicher Dankgottesdienst statt. Auch hier werden Mitglieder der königlichen Familie und der Premier anwesend sein. Der Gottesdienst beginnt mit einer nationalen Schweigeminute von zwei Minuten, um der Opfer des Krieges zu gedenken.
Dagegen findet der 80. Jahrestag des Sieges über Nazideutschland in den USA eher wenig Beachtung. Anders als in Europa, wo der “VE Day” (Victory in Europe Day) vielerorts als staatlicher Feiertag begangen wird, bleibt es in Amerika bei vereinzelten Gedenkveranstaltungen.
Die bedeutsamste findet am World-War-II-Memorial auf der National Mall in Washington statt. Dort werden Veteranen und Regierungsvertreter Kränze niederlegen, zum Gedenken an die mehr als 400.000 Amerikaner, die im Zweiten Weltkrieg ihr Leben ließen. Die Gründe für die Zurückhaltung sind vielschichtig. Als Deutschland am 8. Mai 1945 kapitulierte, kämpften amerikanische Truppen noch im Pazifik gegen Japan. Erst im August 1945 endete der Zweite Weltkrieg für die USA vollständig – allerdings auch für die europäischen Kriegsgegner Japans.
Das kollektive Gedächtnis der Nation fokussiert sich daher stärker auf den Memorial Day am 26. Mai und den Veterans Day am 11. November, dem Tag des Waffenstillstands im Ersten Weltkrieg 1918, an denen aller gefallenen und lebenden Veteranen gedacht wird.