Zugewanderte Menschen sollen leichter die deutsche Staatsangehörigkeit erhalten, ohne ihre ursprüngliche aufzugeben. Zugleich sollen Ausreisepflichtige konsequenter zurückgeführt werden. Beide Regelungen sind umstritten.
Die steigende Zahl an Migranten und Flüchtlingen stellt Länder und Kommunen vor immer größere Herausforderungen. Deshalb will die Bundesregierung Migranten ohne Aufenthaltsberechtigung rascher zurückführen. Der Bundestag will am Donnerstag in Erster Lesung über die neue Regelung debattieren. Mit einer weitere Vorlage will die Regierung das Staatsangehörigkeitsrecht modernisieren. Beide Vorlagen sind hoch umstritten.
Das “Rückführungsverbesserungsgesetz” stößt in Teilen der SPD-Fraktion sowie bei Grünen und Linken auf Kritik. FDP und Union begrüßen die Regelung. Zugleich drängen aber vor allem die Bundesländer auf Reformen. Die Vorlage erweitert die Befugnisse von Polizei und Behörden und verschärft die Regelungen für eine Abschiebung. Behörden können Migranten demnach künftig 28 Tage statt bisher 10 Tage im sogenannten Ausreisegewahrsam halten. Zudem soll die Polizei im Fall einer Abschiebung die Möglichkeit haben, in Flüchtlingsunterkünften nicht nur im Zimmer der gesuchten Person nach dieser zu suchen.
Laut Entwurf müssen Abschiebungen nicht mehr ankündigt werden – es sei denn, Familien mit Kindern unter zwölf Jahren sind betroffen. Zudem will die Bundesregierung Schleuser, Kriminelle und Mitglieder krimineller Vereinigungen verstärkt abschieben. Eine geplante Änderung im Aufenthaltsgesetz sieht weiter vor, dass es strafbar sein kann, Migranten auch ohne einen persönlichen Vorteil zu einem Weg in die EU zu verhelfen. Ein zivilgesellschaftliches Bündnis befürchtet deshalb eine Kriminalisierung von Seenotrettern.
Die Modernisierung des Staatsangehörigkeitsrechts gilt als zentrales Vorhaben der Regierung: Ausländer sollen leichter und schneller die deutsche Staatsangehörigkeit erwerben können, statt wie bisher nach acht bereits nach fünf Jahren Aufenthalt in Deutschland. Bei “besonderen Integrationsleistungen” soll dies schon nach drei Jahren möglich sein.
Für Kritik sorgt unter anderem die generelle Hinnahme der Mehrstaatigkeit. Migranten müssen demnach ihre bisherige Staatsangehörigkeit nicht mehr aufgeben. Auch in Deutschland geborene Kinder ausländischer Eltern sollen künftig automatisch die deutsche Staatsangehörigkeit erhalten, sofern ein Elternteil seit mehr als fünf Jahren hierzulande lebt.
Voraussetzung für eine Einbürgerung soll es nach wie vor sein, dass der Bewerber seinen Lebensunterhalt für sich und Familienangehörige bestreiten und gute Deutschkenntnisse nachweisen kann. Ausnahmen gelten für sogenannte Gastarbeiter, die bis 1974 in die Bundesrepublik kamen, und sogenannte Vertragsarbeiter, die bis 1990 in die ehemalige DDR eingereist sind.
Zudem setzt der Erhalt der Staatsangehörigkeit das “Bekenntnis zur freiheitlichen demokratischen Grundordnung” voraus, wie es in dem Entwurf heißt. Sie kann Personen verweigert werden, wenn Straftaten “aus antisemitischen, rassistischen, fremdenfeindlichen oder sonstigen menschenverachtenden Motiven” begangen wurden oder die Gleichheit von Mann und Frau missachtet wird.
Kritik an der Reform des Staatsbürgerschaftsrechts kommt unter anderem aus den Reihen der Union: Sie spricht von “Turbo-Einbürgerungen”. Nur hoch qualifizierte Ausländer bräuchten eine raschere Einbürgerung. Ansonsten solle diese am Ende des Integrationsprozesses stehen, nicht am Anfang, so die Union. Hilfswerke begrüßen die Erleichterungen hingegen, sie bemängeln jedoch, dass die Sicherung des eigenen Lebensunterhalts als Voraussetzung erhalten bleiben soll.
Laut Bundesinnenministerium haben mehr als zwölf Millionen Menschen keinen deutschen Pass. Von ihnen leben demnach rund 5,3 Millionen bereits seit mindestens zehn Jahren in Deutschland. 2022 beantragten 168.545 Menschen den deutschen Pass, also 3,1 Prozent der zugewanderten Staatsbürger, die seit mindestens zehn Jahren hier lebten.