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Schleswiger Bischöfin: “Polizeiseelsorge ist jetzt besonders wichtig”

Kirche und Polizei in Schleswig-Holstein planen eine engere Zusammenarbeit. In Zeiten des politischen Rechtsrucks sei es wichtig, die Sorgen und Ängste der Menschen noch stärker in den Blick zu nehmen, sagten die Bischöfin im Sprengel Schleswig und Holstein der evangelischen Nordkirche, Nora Steen, und die Chefin der Landespolizei Schleswig-Holstein, Maren Freyher, im Gespräch mit dem Evangelischen Pressedienst (epd) am Rande einer Tagung von Kirche und Polizei im nordfriesischen Breklum.

Die Polizeidirektorin erklärte, Kirche und Polizei seien zwei unterschiedliche Institutionen, „die eine Orientierung geben möchten in einer Zeit, die sehr viele Menschen irritiert.“ Als Schnittmenge sieht sie die Sorgen und Nöte der Menschen. „Haben sie soziale oder finanzielle Probleme, sorgen sie sich um ihre Sicherheit, wurden sie Opfer von Kriminalität? All diese Aspekte müssen von verschiedenen Akteuren in der Gesellschaft angegangen werden“, sagte Freyher. Es brauche einen guten Dialog. „Ansonsten würden wir auch polarisierende Kräfte bedienen. Und das können wir uns angesichts der stärker werdenden rechtsextremen Kräfte im Land nicht erlauben“, erklärte sie.

Die Bischöfin bestätigte, dass Polizei und Kirche das gemeinsame Ziel hätten, stabilisierend auf die Gesellschaft zu wirken. Trotz des Spardrucks, unter dem die Nordkirche aufgrund fortwährender Kirchenaustritte steht, gehört die Seelsorge bei Polizei, Feuerwehr und Bundeswehr ihrer Meinung nach zu den „unaufgebbaren Positionen“. Steen betonte: „Dort erreichen wir Menschen, die unser Angebot brauchen und umsetzen können.“

Freyher bestätigte, dass die Polizeiseelsorge nach wie vor eine hohe Akzeptanz bei ihren Mitarbeitenden genieße. „Ich wünsche mir, dass das Angebot stabil bleibt in den nächsten Jahren.“ Außerordentliche Einsätze, in denen Polizisten und Polizistinnen etwa ihre Schusswaffe gebrauchen müssten, nähmen leider zu. Auch nach Abschiebungen zum Beispiel sei es wichtig, dass die Kolleginnen und Kollegen sich betreuen lassen könnten. „Wer empathisch durchs Leben geht, den lässt das nicht kalt, wenn er eine Familie mit kleinen Kindern morgens aus einer Wohnung rausholen und zum Flughafen bringen muss.“

Der Schleswiger Bischöfin zufolge sind auch „Hate Speech“ und tätliche Angriffe gegen Polizeibeamte und Rettungskräfte ein großes Thema. „Wir haben da schon mit einer radikalisierten Situation in unserer Gesellschaft zu tun, die erschreckend ist. Da ist es unsere Aufgabe, einen geschützten Raum anzubieten, in dem man mal reden kann.“ Ein Seelsorger könne das auf besondere Weise, weil er außerhalb des Systems stehe. „Kirche bietet keine Therapie an. Man muss bei uns nicht lange auf einen Platz warten. Manchmal ist es ein Gespräch zwischen Tür und Angel, das schon helfen kann.“

Beim strittigeren Thema Kirchenasyl, bei dem von Abschiebung bedrohte Flüchtlinge zeitlich befristet Unterschlupf in einer Kirchengemeinde finden, wollen Freyher und Steen einen guten Dialog pflegen. „Wir haben mehrere Kirchenasyle in Schleswig-Holstein und stehen in sehr engem Austausch mit Ministerien und Polizei“, sagte Steen. Oftmals sei Kirche im Vorwege mit allen Akteuren im Gespräch, um zu verhindern, dass es zu einem Kirchenasylbruch durch die Polizei kommt, der Fall eskaliert und in der Öffentlichkeit groß medial aufbereitet wird. „Das dient niemandem und zuallerletzt den vulnerablen Menschen, um die es geht“, erklärte die Bischöfin.