Doch kein Baby: Für viele Frauen ist die Erfahrung einer Fehlgeburt traumatisch. Der Bundesrat fordert deshalb jetzt einen Mutterschutz auch nach frühen Fehlgeburten – der freiwillig bleiben sollte, sagt eine Forscherin.
Nach einer Fehlgeburt sollen Frauen nach Einschätzung einer Expertin genügend Zeit bekommen, das Erlebte zu verarbeiten. “Für die meisten Frauen ist dies ein totaler Schock und ein geplatzter Lebenstraum”, sagte Psychologin Kathryn Eichhorn, die an der Universität der Bundeswehr in München mehrere Studien zum Thema leitet, am Donnerstag der Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA) in Berlin. Hinzu komme häufig das Gefühl, etwas falsch gemacht zu haben.
Die Einführung eines Mutterschutzes nach einer Fehlgeburt deutlich vor der 20. Woche, wie sie der Bundesrat jetzt von der Bundesregierung fordert, sei deshalb “überfällig”, so die Forscherin. Wichtig sei aber, dass dieser Mutterschutz freiwillig bleibe: “Es gibt auch Frauen, die Arbeit in so einer Situation als stützend empfinden. Sie lenkt ab und stärkt die Selbstwirksamkeit, die gegen das Ohnmachtsgefühl hilft, das viele haben.” Zudem wolle auch nicht jede Frau offenbaren, dass sie schwanger gewesen sei und das Kind verloren habe.
Laut internationalen Statistiken und Schätzungen des Berufsverbands der Frauenärzte hat etwa jede dritte Frau mindestens eine Fehlgeburt in ihrem Leben. Aktuell bekommen Frauen, die ihre Kinder während der Schwangerschaft verlieren, erst dann Mutterschutz, wenn sie entweder die 24. Schwangerschaftswoche erreicht haben, also im 7. Monat sind, oder wenn das tote Kind mehr als 500 Gramm wog. In diesem Fall spricht man von einer Totgeburt.
Wichtig sei das psychologische Signal, das bei der Einführung des Mutterschutzes auch nach frühen Fehlgeburten vor der 12. Woche gegeben werde, so Eichhorn: “Damit wird die Mutterrolle anerkannt.” Sich krank schreiben lassen zu müssen, um das Erlebte verarbeiten zu können, könne dagegen das Gefühl verstärken, das betroffene Frauen ohnehin oft hätten: “Mit meinem Körper stimmt etwas nicht, ich kann kein Kind austragen.”
Laut ihren Studien fühlten sich auch betroffene Väter von einer Fehlgeburt psychisch sehr belastet. “Auch sie haben das Kind bereits geträumt.” Hinzu komme die Sorge um die Partnerin.
Eichhorn plädierte zudem für einen offeneren Umgang mit dem Thema Fehlgeburt. Betroffene Frauen träfen oft auf Widerstand, wenn sie versuchten, sich der Umgebung mitzuteilen. “Das ist auch ein Schutzmechanismus. Die eigene Endlichkeit ist für Menschen schwer auszuhalten – besonders zu einem Zeitpunkt, wenn das Leben beginnt.”