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Nach Streit um Kirchenasyl: Somalier darf in Bremen bleiben

Im Dezember sollte ein Somalier aus einem Bremer Kirchenasyl nach Finnland gebracht werden – was Aktivisten verhinderten. Nun entschied ein Gericht, dass er weiterhin bleiben darf.

In Bremen hatte die Innenbehörde versucht, einen Somalier aus dem Kirchenasyl zu holen
In Bremen hatte die Innenbehörde versucht, einen Somalier aus dem Kirchenasyl zu holenepd-bild / Hans-Jürgen Bauer

Ein junger Somalier, der zwischenzeitlich in einem Bremer Kirchenasyl Obhut gefunden hatte, darf weiterhin vorerst in Deutschland bleiben. Das Verwaltungsgericht Bremen hat einer Klage des Mannes gegen seine geplante Überstellung nach Finnland stattgegeben, wie eine Gerichtssprecherin auf Anfrage der Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA) mitteilte. Das Urteil erging bereits am 27. Februar.

Demnach ist die in der sogenannten Dublin-Verordnung vorgesehene sechsmonatige Frist für die Überstellung des Mannes am 7. Dezember abgelaufen. Entgegen der Auffassung der Behörden sei sie nicht durch das Kirchenasyl verlängert worden. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig.

Kirchenasyl-Streit in Bremen hatte bundesweit für Aufsehen gesorgt

Der Fall des Somaliers hatte in Bremen für einen Streit zwischen Kirche und Behörden und damit bundesweit für Aufsehen gesorgt: Der Mann hatte sich Anfang Oktober vergangenen Jahres ins Kirchenasyl einer evangelischen Gemeinde in der Hansestadt begeben. Er sollte nach Finnland überstellt werden, weil er dort über die russische Grenze in die EU eingereist war.

In der Nacht zum 3. Dezember hatten Polizisten versucht, das Kirchenasyl aufzulösen. Das scheiterte jedoch am Widerstand von rund 100 Aktivisten und des Pastors unter Glockengeläut. Das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge verlängerte daraufhin die Frist für die Überstellung des Mannes um ein Jahr bis zum 7. Dezember 2025.

Richter: Staatliche Respektierung des Kirchenasyls kein Vollstreckungshindernis

Laut Gericht handelte es sich um ein offenes Kirchenasyl, bei dem die Behörden Kenntnis vom Aufenthaltsort hatten. Somit sei der Somalier nicht “flüchtig” gewesen. “Der Staat ist durch das offene Kirchenasyl weder rechtlich noch tatsächlich daran gehindert, die Überstellung durchzuführen”, erklärte der zuständige Richter. Er verzichte vielmehr aufgrund einer rechtlich nicht verbindlichen Verfahrensabsprache mit den Kirchen darauf, das Recht durchzusetzen.

Diese staatliche Respektierung des Kirchenasyls ist daher nach Auffassung des Richters kein Vollstreckungshindernis. “Die politische Entscheidung, eine Überstellung zu unterlassen, schafft keine Rechtsgrundlage für eine Verlängerung der Überstellungsfrist.” Mit einer ähnlichen, aber weniger ausführlichen Begründung hatte das Gericht bereits am 9. Dezember einem Eilantrag des Somaliers stattgegeben.

Laut der Dublin-Verordnung der EU ist der Mitgliedsstaat für einen Asylsuchenden zuständig, in dem dieser zuerst die EU betreten hat. Reist er in einen anderen EU-Staat, so hat dieser sechs Monate Zeit, um ihn in das zuständige Land zu überstellen. Diese Frist kann auf achtzehn Monate verlängert werden, wenn die Person flüchtig ist.