Eine mögliche Verlagerung von deutschen Asylverfahren ins Ausland bleibt umstritten: Bund und Länder prüfen, nach Deutschland geflüchtete Menschen in anderen Staaten unterzubringen. Menschenrechtler widersprechen.
Deutschland soll nach dem Willen von Menschenrechtlern auch künftig auf Asylverfahren im Ausland verzichten. Eine Auslagerung von Flüchtlingen und Verfahren würde zu gravierenden Menschenrechtsverletzungen führen und fatale humanitäre und entwicklungspolitische Folgen haben, erklärten Vertreter von Pro Asyl, Amnesty International, Ärzte ohne Grenzen und Brot für die Welt am Dienstag vor Journalisten.
Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) plant nach Angaben der Organisationen, am Donnerstag bei der Ministerpräsidentenkonferenz (MPK) über die Umsetzbarkeit einer Auslagerung von Asylverfahren zu berichten. Im Rahmen eines Prüfauftrags der MPK hat die Bundesregierung entsprechende Anhörungen durchgeführt. Unter anderem die vier Organisationen berichteten als Sachverständige und lehnten das Vorhaben ab. Die Flüchtlingskrise ist aus ihrer Sicht damit nicht zu lösen.
Als politisches “Wunschdenken” bezeichnete Migrationsreferent Felix Braunsdorf von Ärzte ohne Grenzen die Annahme, dass Auslagerungen von Asylverfahren Effekte auf Fluchtzahlen haben würden. Er sprach von “Scheinlösungen” und plädierte dafür, die humanitäre Hilfe vor Ort in den Staaten zu erhöhen, die viele Flüchtlinge aufnehmen. Laut Braunsdorf zählte das UN-Büro für humanitäre Angelegenheiten zuletzt 300 Millionen hilfsbedürftige Menschen – 48 Milliarden Dollar seien daher notwendig, doch stünden davon nur 17 Prozent zur Verfügung.
Die Vermeidung von Hunger führe dazu, dass die geflohenen Menschen in den Aufnahmestaaten außerhalb Europas nicht weiterzögen. “Konflikte und Krisen werden nicht mit Auslagerung gelöst, sondern mit humanitärer Diplomatie”, sagte Braunsdorf. Ziel müsse es sein, weniger kriegerische Auseinandersetzungen zu haben.
Die Organisationen sehen zudem kein geeignetes Modell, um durch die Verlagerung von geflüchteten Menschen in andere Staaten die Situation für deutsche Behörden zu verbessern. Eine Entlastung der Kommunen ist nach Darstellung der Asylexpertin Sophie Scheytt von Amnesty International nicht zu erreichen. Rechtlich müsse zunächst immer ein Verfahren in Deutschland erfolgen, auch wenn die betroffenen Personen in einen anderen Staat überführt werden sollten. “Das führt dazu, dass wir eine erhebliche Mehrbelastung haben für Behörden”, betonte Scheytt.