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Mehrheit sieht einen Spalt durch die Gesellschaft gehen

Hass und gesellschaftliche Konflikte bereiten der Mehrheit der Bevölkerung laut einer Umfrage Sorgen. Vier von fünf sehen einen Spalt durch die Gesellschaft gehen. Die Evangelische Kirche möchte Diskursräume schaffen.

Die gute Nachricht: Drei von vier Bürgern sind mit ihrem persönlichen Leben zufrieden. Doch die große Mehrheit der Bürger, etwa vier von fünf, haben das Gefühl einer gesellschaftlichen Spaltung in Deutschland. Zu diesen Ergebnissen kommt die am Donnerstag vorgestellte Studie “Verständigungsorte in polarisierenden Zeiten” von Diakonie und Evangelischer Kirche in Deutschland (EKD).

Die gefühlte Spaltung verläuft aus Sicht der meisten Befragte dabei zwischen einer kleinen Minderheit und einer großen Mehrheit – nicht zwischen zwei gleichgroßen Lagern. Grundlage der Studie ist eine repräsentative Forsa-Befragung unter rund 2.000 Bürgern ab 18 Jahren. Die Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Kirsten Fehrs, nannte die Ergebnisse alarmierend: Die Spaltung sei spürbar und belegbar.

Die allergrößte Sorge bereiten den Befragten die Zunahme von Hass, gesellschaftliche Konflikte und die Zukunft des gesellschaftlichen Miteinanders. Um die Inflation oder Migration machen sich laut Studie deutlich weniger Befragte Gedanken, wobei es klare Unterschiede je nach Parteipräferenz gibt.

Bei der weiten Mehrheit der AfD- und BSW-Anhänger ist die Unzufriedenheit mit der Demokratie sehr groß (94 Prozent). Im Schnitt aller Befragten sind knapp zwei Drittel mit dem Funktionieren der Demokratie unzufrieden. Nichtsdestotrotz befürworten zwei Drittel das politische System grundsätzlich.

Doch der Blick in die Zukunft ist pessimistisch: Etwa die Hälfte blickt mit Sorge in die persönliche Zukunft und die weite Mehrheit, 85 Prozent, auf die gesellschaftliche Zukunft. Nahezu niemand glaubt, dass es der jüngeren Generation in einigen Jahren und Jahrzehnten besser gehen wird.

Beinahe zwei Drittel der Befragten wünschen sich vor diesem Hintergrund mehr Verständigung und Austausch an neutralen Orten, denn 70 Prozent sind überzeugt, dass im öffentlichen Diskurs Sachlichkeit und Respekt fehlen. Selbst im privaten Raum geht die Mehrheit gewissen politischen Themen aus dem Weg, um Konflikte zu vermeiden.

Ein Drittel gab an, aufgrund unterschiedlicher Meinungen zu polarisierenden Themen bereits einmal den Kontakt zu Personen im eigenen Umfeld abgebrochen oder verringert zu haben.

Hier setze die Kampagne #VerständigungsOrte von Diakonie und Evangelischer Kirche an. Ziel sei es, bundesweit Orte des Dialogs über Krisen und Konflikte zu schaffen und zu bündeln. Das könne auch der Dorfgasthof oder ein Projekt in Zusammenarbeit mit dem Sportverein sein, sagte Fehrs. Den Menschen brannten Themen unter den Nägeln und sie seien dankbar über die Möglichkeit des moderierten Austausches an einem neutralen Ort.

Der Präsident der Diakonie Deutschland, Rüdiger Schuch, ergänzte, dass mit dem Projekt auch außerhalb der kirchlichen Blase Menschen erreicht werden sollten, etwa Personen, die der AfD oder dem BSW nähe stünden. Die wachsende Vielfalt an Lebensentwürfen und Positionen fordere die Menschen heraus und brauche den Dialog.