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Medienfestival mit Ruf nach mehr Perspektiven und Lösungen

Der Journalismus muss sich weiterentwickeln und neben allen Problemen mehr Perspektiven und Lösungen aufzeigen: Mit diesem Fazit ist am Wochenende das erste “b°future festival für Journalismus und konstruktiven Dialog” in Bonn zu Ende gegangen. Vielfach gebe es in den Medien eher die Tendenz “zu polarisieren, zuzuspitzen und übermäßig zu vereinfachen”, sagte die Mitbegründerin des Bonn Institute, Ellen Heinrichs: “Wir haben nicht gelernt, auch auf Lösungen zu schauen und konstruktiv zu fragen.”

Ein Drittel der Menschen in Deutschland meide laut Umfragen bewusst Nachrichten, fügte Heinrichs hinzu. Auch schilderten viele den Eindruck, dass ihre Realität in den Medien nicht vorkomme: “Neue Ansätze sind notwendig, weil wir dringend eine informierte Öffentlichkeit brauchen.” Der Journalismus müsse kritisch bleiben, dürfe die Menschen aber nicht “von sich wegschubsen”. Wichtig sei, genauer zuzuhören und eine Vielfalt von Perspektiven abzubilden.

NRW-Medienminister Nathanael Liminski (CDU) bezeichnete es als “sehr alarmierend”, dass über die Hälfte der Menschen hierzulande den Journalismus skeptisch wahrnehme. Viele empfänden es als ermüdend, wie viele schwierige Themen mitunter auf sie einprasselten. Wenn Medien auch Ideen für Lösungen präsentierten, sei dies kein “Hurra-Journalismus”, sondern werde der Aufgabe gerecht, verschiedene Facetten der Realität abzubilden. Der konstruktive Journalismus wolle Konflikte nicht ausblenden, fügte der Chef der NRW-Staatskanzlei hinzu. Vielmehr gehe es darum, auch den Wettbewerb um die besten Lösungen abzubilden.

Die Kommunikationswissenschaftlerin Nayla Fawzi bezeichnete es als Aufgabe der Medien, Hintergründe und Lösungsansätze darzustellen. Dies erwarte ein Großteil des Publikums, und es könne das Vertrauen in Medien fördern.

WDR-Intendant Tom Buhrow warnte Medienschaffende davor, sich auf ein hohes Ross zu setzen: “Es kommt mir manchmal so vor, als hätte der Journalismus erst spät kapiert, dass er sich von seiner eigentlichen Aufgabe entfernt hat.” Wichtig sei eine klare Trennung zwischen sachlicher Information und Meinungsäußerungen.

Dies sei insbesondere im digitalen Raum häufig nicht gegeben, kritisierte Buhrow. “Ein Klick bedeutet allerdings nicht Anhängerschaft oder Zustimmung, sondern man guckt schnell hin, aber auch schnell wieder weg.” Wenn Medien allein auf Klickzahlen setzten, polarisiere der Diskurs immer stärker und werde zugleich oberflächlicher.

Ellen Heinrichs ergänzte, es brauche auch neue Kriterien für medialen Erfolg, etwa die Frage, wie intensiv Menschen sich mit Inhalten befasst hätten und ob anschließende Diskussionen konstruktiv verlaufen seien.

Beim Medienfestival hatten seit Freitag rund 500 Journalistinnen, Blogger und Forschende aus aller Welt darüber diskutiert, wie Journalismus aussehen muss, “der morgen noch relevant ist”. Veranstalter ist das Bonn Institute, das sich als Zentrum für konstruktiven Journalismus in Europa versteht. Eine Fortführung des Festivals wurde angekündigt.