Weniger Flüchtlinge, neue Regeln, altes Abkommen: Deutschland steuert auf ein Asyltief zu – bei laufenden Grenzkontrollen. Trotzdem wollen CDU und SPD das Schengen-Abkommen nicht gefährden.
Die geschäftsführende Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) erwartet für 2025 die geringsten Asylzahlen seit mehr als einem Jahrzehnt. “Wenn die irreguläre Migration weiter so stark zurückgedrängt wird, wie wir es in den letzten zwei Jahren geschafft haben, dann können die Asylzahlen in Deutschland in diesem Jahr bei etwa 100.000 liegen”, sagte die SPD-Politikerin den Zeitungen der Funke-Mediengruppe (Sonntag). Nach Angaben des Innenministeriums lag die Zahl der Asylanträge zuletzt 2012 unter 100.000.
In diesem April seien 8.840 Asylgesuche gestellt worden; im April vor zwei Jahren seien es noch fast 20.000 gewesen – ein Rückgang von 55 Prozent, rechnete Faeser vor. Bis 30. April 2025 verzeichnete das Innenministerium insgesamt 42.460 Asylgesuche.
Die Bundespolizei kontrolliere an allen deutschen Landgrenzen und habe bei diesen Kontrollen seit Oktober 2023 schon mehr als 53.000 Personen zurückgewiesen, teilte die scheidende Innenministerin mit, deren Amt der CSU-Politiker Alexander Dobrindt übernimmt. Mehr als 2.200 Schleuser seien bei den vorübergehenden Binnengrenzkontrollen in dieser Zeit festgenommen worden. “All das findet in enger europäischer Abstimmung statt und im Rahmen des europäischen Rechts”, betonte Faeser. “Nur so scheitern Maßnahmen nicht binnen kürzester Zeit vor Gericht – und nur so wirken sie auch.”
Der designierte Kanzleramtsminister Thorsten Frei (CDU) kündigte am Wochenende an, ab dem Tag der Regierungsbildung am Dienstag mit schärferen Kontrollen an den deutschen Grenzen und Zurückweisungen von Asylbewerbern zu beginnen. “Der Bundesinnenminister wird alle Maßnahmen ergreifen, um von diesem Tag an die im Koalitionsvertrag vereinbarten Schritte einzuleiten”, sagte Frei der “Welt am Sonntag”.
Frei schränkte allerdings ein, schärfere Grenzkontrollen müssten auf einen möglichst kurzen Zeitraum beschränkt bleiben. “Denn wir wollen dauerhaft weder die Freizügigkeit in der EU einschränken noch das Schengen-Abkommen außer Kraft setzen”, so der CDU-Politiker. Als Transitland und Wirtschaftsnation würde gerade Deutschland unter dauerhaften Grenzkontrollen leiden.
Die Noch-Innenministerin Faeser hob die Notwendigkeit hervor, auch künftig gemeinsam mit den Nachbarstaaten zu handeln. “Das neue Gemeinsame Europäische Asylsystem wird der entscheidende Schritt sein für die weitere Begrenzung und für einen starken Schutz der EU-Außengrenzen”, sagte Faeser.