Das Deutsche Hugenotten-Museum in Bad Karlshafen erinnert an die Verfolgung der protestantischen Hugenotten im katholischen Frankreich und ihre Flucht – mehr als 170 000 verließen 1685 Frankreich, von ihnen gelangten 44 000 nach Deutschland. Dass auch heute noch Menschen wegen ihres Glaubens verfolgt werden, zeigt das Museum in einer neuen Ausstellung am Beispiel der Uiguren, Kopten und Jesiden – drei Minderheiten, die wegen ihrer Religion in ihren Herkunftsregionen nicht sicher leben können.
Im Irak und in der Türkei werden Jesiden von radikalen Muslimen bedroht. 2014 überfielen Angehörige des so genannten Islamischen Staates Jesiden im Nordirak, ermordeten 10 000 Männer und Jungen und verschleppten 7000 Frauen und Mädchen. In der Ausstellung findet sich ein Interview mit der Jesidin Fatma Tekkal, die 1977 aus der Türkei nach Hannover floh. „Wir waren immer auf den Schutz von anderen angewiesen, die ihre Hand über uns hielten, wenn wir von Verfolgung und Gewalt bedroht waren. Daher ist es mir auch wichtig zu betonen, dass wir Muslime auch als Beschützer und nicht nur als Verfolger erlebt haben. Nach und nach zogen jedoch immer mehr Jesiden weg“, berichtet die Mutter der Fernsehjournalistin Düzen Tekkal.
Verbot der Reiligonsausübung wird dokumentiert
Zumretay Arkin war zehn Jahre alt, als ihre Familie als Angehörige der muslimischen Minderheit der Uiguren aus China nach Kanada auswanderte. Seit 2017 werden mehr als 1,5 Millionen uigurische Muslime in China in Lagern festgehalten, mit dem Ziel, sie umzuerziehen, damit sie ihren Glauben aufgeben. Heute als erwachsene Frau setzt sich Arkin aus dem Exil für die Rechte der Uiguren ein, deren Lage in China sie so beschreibt: „Es ist nicht mehr möglich, die eigene Religion auszuüben, nicht im öffentlichen Raum und genauso wenig im privaten. Staatliche Offizielle quartieren sich Tage oder Wochen bei uigurischen Familien ein und überwachen ihren Alltag. Selbst der Besitz von religiösen Schriften, Büchern oder dem Koran oder das Fasten im Ramadan ist unmöglich.“
Anba Damian wiederum ist seit 2013 Bischof der Diözese der koptisch-orthodoxen Kirche in Norddeutschland. Er stammt aus Ägypten, wo die Minderheit der Christen dem Druck der muslimischen Mehrheit ausgesetzt ist: durch berufliche Nachteile und Anschläge auf Kirchen. Seine Hoffnung hat Damian nicht verloren: „In den letzten Jahren hat sich die Situation ein wenig verbessert. Im digitalen Zeitalter können wir sehr schnell Informationen über Verfolgung und Benachteiligungen in die Welt setzen. Und so können wir auf schnellere Hilfe hoffen. Das ist auch eine Abschreckung für die radikalen Kräfte.“
Von Hugenotten erbaute Kirche in Celle
Leiter des Museums ist Andreas Flick, viele Jahre Pastor der reformierten Gemeinde in Celle, inzwischen im Ruhestand. „Wir beleuchten bewusst nicht nur das Schicksal von verfolgten Christen“, sagt Flick.
Ebenfalls neu in der Dauerausstellung: die Architektur von reformierten Kirchen, die einst von Hugenotten in Deutschland aufgebaut wurden. Geprägt sind sie vom 1685 zerstörten Temple von Charenton bei Paris, der einst mehr als 1000 Christen Platz bot. Eine hohe Kanzel stand in der Mitte, um sie herum waren in Hufeisenform die Sitzplätze angeordnet. Bildliche Darstellungen und Kruzifixe an den Wänden waren tabu. Der Altar wurde durch einen schmucklosen Abendmahlstisch ersetzt, der schlichte Gottesraum entsprach der schlichten Gottesdienstordnung.
Nach diesem Vorbild entstanden etwa in Hameln (1699) und in Celle (1700) Hugenottenkirchen – rechteckige Gebäude ohne Kirchturm. In Hameln wurde die lange leerstehende Kirche 1973 für die Verbreiterung einer Straße abgerissen. Heute gilt die reformierte Kirche in Celle als einzige erhaltene Hugenottenkirche in Norddeutschland.
Deutsches Hugenotten-Museum Bad Karlshafen, Hafenplatz 9a, Di-Fr 10-17, Sa-So 11-18 Uhr, die Ausstellung läuft bis Ende Oktober.