Bei den Bundestagswahlen konnten die in Teilen rechtsextreme AfD und das am linken Rand angesiedelte BSW rund 40 Prozent der Wählerstimmen im Osten auf sich vereinigen. Unverständlich findet das Historiker Magnus Brechtken.
Die hohe Zustimmung für extreme Parteien im Osten Deutschlands hat nach Ansicht von Historiker Magnus Brechtken tiefer liegende Gründe. “Als Historiker erschrickt man, wie viele Menschen die DDR im Rückblick romantisieren”, kritisierte der stellvertretende Direktor des Instituts für Zeitgeschichte am Montag in einem Interview der Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA) in München. “Sie wollen offensichtlich ausblenden, dass sie Objekte einer Diktatur waren, dass sie ein besetztes Land waren, dass ihre Wirtschaft bankrott war. Auch die Beschränkungen persönlicher Freiheit scheinen diese Menschen regelmäßig zu vergessen. Wie soll man sonst erklären, dass Parteien Anhang finden, die nationalistische, rassistische, extremistische, russlandfreundliche Positionen verbreiten?”
Brechtken weiter: “Wenn Menschen, die im Gebiet der ehemaligen DDR leben, jetzt zu über 40 Prozent russlandfreundliche Parteien wählen, zeigt dies einen Mangel an historischem Wissen und spricht nicht für das demokratische Bewusstsein, eine Diktatur hinter sich zu haben.” Bei den jüngsten Bundestagswahlen hatte fast jeder Dritte in Ostdeutschland seine Zweitstimme der AfD gegeben; das BSW kam auf über 9 Prozent.
Wäre 1989 nicht Michail Gorbatschow sondern Wladimir Putin an der Macht gewesen, hätte dieser die Wende im Keim erstickt, argumentierte Brechtken. “Die Soldaten standen bereit und auch der DDR-Machtapparat hätte dann sicher für seinen Erhalt mitgekämpft. Die DDR gäbe es dann vermutlich bis heute. Und die Menschen, die heute der DDR nachtrauern und die AfD oder andere Putinfreunde wählen, würden immer noch auf ihren Trabi warten und vielleicht darauf hoffen, dass sie als Rentner in die Bundesrepublik reisen können.” Der Historiker fügte hinzu: “Ich bin jetzt etwas polemisch, aber ich halte das für ein ernstes Thema, das viel zu wenig offen diskutiert wird.”