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Hilfsorganisation warnt vor tödlichen Folgen der EU-Migrationspolitik

An den EU-Außengrenzen bestimmt laut Hilfsorganisationen Gewalt den Alltag von Menschen auf der Flucht. Die oberste Priorität der europäischen Asylpolitik sei die Abwehr von Migranten und Geflüchteten, sagte der Internationale Präsident von „Ärzte ohne Grenzen“, Christos Christou, dem Evangelischen Pressedienst (epd). In einem am Mittwoch veröffentlichten Bericht dokumentiert die weltweit tätige Organisation Menschenrechtsverletzungen von Schutzsuchenden an den europäischen Grenzen. Menschenrechtler warnten vor einer Auslagerung von Asylverfahren in außereuropäische Drittstaaten.

Die Politik der EU gegenüber Flüchtlingen und Migranten beruhe zunehmend auf Gewalt, erklärte „Ärzte ohne Grenzen“ zur Veröffentlichung des Reports, der Gewalt gegen Flüchtlinge und Migranten in zwölf europäischen und afrikanischen Ländern dokumentiert, darunter Polen und Griechenland.

In dem 84-seitigen Bericht werden etwa die Zustände in libyschen Haftlagern angeprangert. Dort eingesperrte Flüchtlinge und Migranten berichteten von Schlägen, sexualisierten Übergriffen und Folter. Die Hilfsorganisation kritisierte, dass die EU die libysche Küstenwache unterstütze, die Menschen auf dem Mittelmeer aufgreife und in die Haftanstalten bringe.

Auch illegale Zurückweisungen an den EU-Außengrenzen, sogenannte Pushbacks, werden angeprangert. An den Grenzen von Griechenland, Bulgarien, Ungarn und Polen hätten Teams von „Ärzte ohne Grenzen“ Menschen behandelt, die bei solchen Pushbacks verletzt worden seien, hieß es.

Insgesamt habe die Hilfsorganisation zwischen August 2021 und September 2023 an den EU-Grenzen über 28.000 Menschen versorgt. Mit mehr als 2.000 Kilometern Grenzzäunen, Stacheldraht, Überwachungskameras und Drohnen versuchten die EU und ihre Mitgliedsstaaten, Menschen „auszusperren und abzuschrecken“.

„Ärzte ohne Grenzen“-Präsident Christou, rief zu einer würdevollen Behandlung Schutzsuchender auf. Es brauche eine Politik, „in der die Würde der Menschen an erster Stelle steht“, sagte der griechische Arzt, der seit 2019 an der Spitze der Hilfsorganisation steht.

Die derzeitige Politik führe dazu, dass viele Schutzsuchende auf gefährlichere Routen ausweichen, sagte Christou – „und deshalb ist die Migration so tödlich geworden“.

Menschenrechtsorganisationen warnten derweil vor den rechtlichen Folgen der derzeit diskutierten Vorschläge, Asylverfahren in außereuropäische Drittstaaten zu verlegen. Der Geschäftsführer von Pro Asyl, Karl Kopp, sagte am Mittwoch in einem Online-Gespräch, „was in Deutschland und in der EU diskutiert wird, sind Teilausstiege aus dem Flüchtlingsschutz oder die Abschaffung des individuellen Asylrechts“. Vorschläge der CDU in diesem Zusammenhang seien „brandgefährlich“. Kopp warf der CDU vor, bestehendes Europarecht schleifen zu wollen.

Die Referentin für Asylrecht und -politik bei Amnesty International, Sophie Scheytt, appellierte an die Bundesregierung, „menschenfeindlichen Scheinlösungen nicht auf den Leim zu gehen“. Amnesty habe alle Modelle untersucht, die im vergangenen Jahrzehnt umgesetzt oder mit Drittstaaten ernsthaft verhandelt wurden. Die Analyse zeige, dass keines dieser Modelle umsetzbar sei.

Italien und Albanien arbeiten derzeit an einem Abkommen, das die Errichtung von Aufnahme- und Abschiebezentren in Albanien vorsieht. Dorthin sollen Flüchtlinge und Migranten gebracht werden, die versuchen über das Mittelmeer nach Italien zu kommen. Die britische Regierung strebt ein Asylabkommen mit dem ostafrikanischen Ruanda an.