Artikel teilen:

Heße sieht einer Veränderung des Paragrafen 218 mit Sorge entgegen

Der katholische Hamburger Erzbischof Stefan Heße hat sich bezüglich einer Änderung des Paragrafen 218 besorgt gezeigt. „In der aktuellen Debatte wird der Schutz des ungeborenen Lebens nur noch am Rand erwähnt. Das besorgt mich sehr, denn der Staat und die Gesellschaft haben dem Ungeborenen gegenüber eine Schutzpflicht. Ihre Erfüllung ist für das Kind lebensentscheidend“ erklärte Heße laut Mitteilung des Erzbistums Hamburg von Sonntag. Eine große Gruppe von Abgeordneten will noch vor der Bundestagswahl (23. Februar) das Abtreibungsrecht liberalisieren. Am Montag findet dazu eine Sachverständigenanhörung statt.

Ungewollt schwangere Frauen befänden sich in einer sehr schwierigen Situation „und ich höre mit Respekt, wie groß die Herausforderungen für sie sind“, sagte Heße. Die Rechte der Frau seien selbstverständlich zu wahren. „Dabei dürfen wir nicht vergessen: Das ungeborene Leben ist von Anfang an und ohne Bedingungen schützenswert.“ Dieser Schutz könne aber nur zusammen mit den Frauen gewährleistet werden.

Andrea Hniopek, Geschäftsführerin des Sozialdienstes katholischer Frauen Hamburg, betonte laut Mitteilung des Erzbistums die Bedeutung der Schwangerenberatung: „In unseren Beratungsstellen erleben wir viele Frauen, die befürchten, ein Leben mit Kind nicht bewältigen zu können. Oftmals kennen sie die vielfältigen Hilfsmöglichkeiten noch nicht und wenn doch, empfinden sie diese, zurecht, als hochschwellig und bürokratisch. Mit dieser Erkenntnis sollte am Ausbau der Hilfen und am Abbau der Bürokratie gearbeitet werden.“

Heße und Hniopek appellierten an die Väter, die laut Erzbistum für die Existenz und den Verlauf der Schwangerschaft ebenso Verantwortung tragen. „Es ist oftmals entscheidend, ob die Väter und das soziale Umfeld der Schwangeren auch bereit sind, ihren Teil der Verantwortung zu übernehmen“, sagten Heße und Hniopek. Deshalb sei eine professionelle und umfassende Beratung so wichtig. „Denn je stützender und ermutigender das soziale Umfeld ist, desto leichter fällt der Schwangeren die Entscheidung für die Fortsetzung der Schwangerschaft.“

Nach dem Strafrechtsparagrafen 218 ist der Schwangerschaftsabbruch in Deutschland grundsätzlich verboten, bleibt aber unter bestimmten Voraussetzungen straffrei. Dazu zählen laut Paragraf 218a die Bedingungen, dass zuvor eine Beratung stattgefunden hat und seit der Empfängnis nicht mehr als zwölf Wochen vergangen sind. Eine Abtreibung ohne vorherige Beratung ist möglich, wenn das Leben der Mutter andernfalls gefährdet würde oder die Frau vergewaltigt wurde. In diesen Fällen sind auch Abtreibungen nach der zwölften Woche möglich.

Abgeordnete aus den Reihen der SPD, der Grünen und der Linken haben einen Gruppenantrag in den Bundestag eingebracht, um Abtreibungen in der Frühphase der Schwangerschaft zu entkriminalisieren. Sie sollen bis zur zwölften Schwangerschaftswoche legal sein. Die Beratungspflicht für Frauen soll beibehalten, die Wartezeit von drei Tagen zwischen Beratung und Abbruch aber gestrichen werden.

Die katholische Kirche lehnt eine Änderung des Paragrafen 218 ab. Der Gesetzentwurf stelle einen Versuch dar, noch in den letzten Tagen vor der Neuwahl „in Eile grundlegende Änderungen herbeizuführen“, sagte der Vorsitzende der katholischen Deutschen Bischofskonferenz,
Georg Bätzing, am Freitag. Die Evangelische Kirche in Deutschland (EKD) hatte den Gesetzentwurf dagegen im Dezember als „im Grundsatz zustimmungsfähig“ bewertet.

2023 gab es laut Statistischem Bundesamt in Deutschland 106.000 Schwangerschaftsabbrüche. Die überwiegende Mehrheit der Abtreibungen (96 Prozent) erfolgte auf Grundlage der Beratungsregelung. In vier Prozent der Fälle war eine medizinische Indikation der Grund, oder der Schwangerschaft war eine Vergewaltigung vorausgegangen.