Es sind Zeiten, in denen Zwölfjährige ihre Eltern fragen, ob jetzt der dritte Weltkrieg kommt. „Im Moment sind sehr viele Menschen verunsichert und suchen nach Hoffnungszeichen“, weiß Iris Macke, Chefredakteurin bei Andere Zeiten und verantwortlich für den „Der Andere Advent“-Kalender. Mit Texten und Fotos möchte der Kalender seit 30 Jahren inspirieren und Mut machen. Angesichts weltweiter Krisen ist er in diesem Herbst besonders gefragt: Über 350.000 Bestellungen sind bis jetzt beim ökumenischen Verein „Andere Zeiten“ eingegangen. „Deutlich mehr als vor einem Jahr“, sagt die 51-jährige Theologin. 650.000 Kalender sollen bis Ende November verschickt werden. Bleibt die Nachfrage so hoch, müsse nachgedruckt werden.
„Viele Menschen sind gerade auf der Suche nach neuen Perspektiven, ohne dicke Bücher lesen zu müssen“, sagt Macke, die anlässlich des 30-jährigen Bestehens des Kalenders auf Deutschlandtour ist. Unter dem Motto „30 Jahre. 30 Orte“ stellt das Hamburger Team den etwas anderen Adventskalender bei Lesungen vor. Zudem erscheint ein Jubiläumsbuch, eine persönliche Liebeserklärung an den Advent.
Anderer Advent hat Comics und historische Texte
Das Erfolgsgeheimnis des Kalenders? „Es ist ein Mix aus stimmungsvollen Fotos, Illustrationen oder Comics mit zeitgenössischen und historischen Texten“, erklärt Macke. Impulse zum Kraftschöpfen, Lachen und zum Nachdenken. Die Autorinnen und Autoren reichen von Herbert Grönemeyer, Mariana Leky bis zu Theologen wie Theresa von Avila oder Dietrich Bonhoeffer. Dazu kommen persönliche Geschichten aus der siebenköpfigen Redaktion. Dabei wird die Hälfte der Texte von Leserinnen und Lesern eingereicht. „Das sind oft ganz besondere Perlen, die wir wohl nicht gefunden hätten“, schmunzelt Macke. Sie liebt den Austausch, regelmäßig organisiert sie Leser-Treffen. Der Kalender sei „einfach authentisch“.

Der Bedarf nach Verschnaufpausen ist groß: Laut Hamburger Stiftung für Zukunftsfragen fühlen sich 52 Prozent der Bürgerinnen und Bürger gegenwärtig häufiger gestresst als noch vor einigen Jahren. Ein bedeutender Faktor seien Auswirkungen der Digitalisierung wie der Wandel in der Arbeitswelt und der gestiegene soziale Druck, ergab die Umfrage im August. Zudem führen finanzielle Unsicherheiten sowie globale Herausforderungen wie Klimawandel, Krisen und Kriege zu Unsicherheiten, Zukunftssorgen und Stress.
Wie geht es weiter? Das sei ein großes Thema, sagt Chefredakteurin Macke. Lösen könne der Kalender die Probleme natürlich nicht. Aber er zeige neue Perspektiven auf und begleitet seine Leserinnen und Leser vom Vorabend des ersten Advent bis zum 6. Januar. Für Grundschulkinder gibt es auch in diesem Jahr „Der Andere Advent für Kinder“ mit Geschichten, Cartoons und Basteltipps.
Adventskalender aus Hamburg weltweit gefragt
Gegründet wurde die Advents-Aktion vom 2022 verstorbenen Theologen Hinrich Westphal, der damit einen Gegenpol zum Stress und Konsum in der Adventszeit setzen wollte. Die Nachfrage stieg schnell. „Es ist der weltweit auflagenstärkste Adventskalender dieser Art“, sagt die Chefredakteurin, die sich besonders über Bestellungen aus Australien, Mexiko und Südamerika freut. Sie weiß, dass in manchen Wohnungen die Abschiedsengel-Seite das ganze Jahr über an der Wand hängt.
Der Kalender spreche auch Menschen an, „die sonst mit Kirche nichts zu tun haben“, weiß Macke. Seit dem Erscheinen der ersten Kalender sind die Themen heute andere: „Einkaufsstress ist heute nicht mehr das Problem im Advent, die meisten kaufen online“, erklärt Macke. Dagegen sei die Verunsicherung der Menschen groß, zudem gebe es in der Vorweihnachtszeit diese Sehnsucht nach Spirituellem.