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Hamburg: Vandalismus auf Ohlsdorfer Friedhof

Der Frühling ist zu trocken. Und gerade jetzt hat der Hamburger Friedhof Ohlsdorf Probleme mit Schöpfbrunnen, aus denen kein Gießwasser kommt. Grund ist ein „noch nie dagewesener Vandalismus“, sagt Friedhofssprecher Lutz Rehkopf dem Evangelischen Pressedienst (epd). Nach ersten Ermittlungen haben Unbekannte mindestens 35 Wasserhähne gestohlen, verschiedene Wasserstränge sind betroffen. Es wurde Anzeige bei der Polizei Hamburg erstattet.

„Noch wissen wir nicht genau, wie viele es insgesamt sind“, sagt Rehkopf. Die Schadenserhebung laufe „auf Hochtouren“. Er rechnet damit, dass sich die Fallzahl erhöhen wird. Der mögliche Tatzeitraum reicht von Ende Oktober 2024 bis Ende März dieses Jahres, als das Wasser abgestellt war. Das zuständige Landeskriminalamt hat die Ermittlungen eingeleitet, hieß es von der Polizei.

Dagegen sieht Andreas Morgenroth das marode Leitungsnetz als Ursache des Problems: „Die Instandhaltung der Wasserleitungen wurde jahrelang vernachlässigt“, kritisiert der Sprecher der Arbeitsgemeinschaft der Friedhofsvereine. Der Ohlsdorfer Friedhof weist diese Vorwürfe zurück.

In den kommenden Tagen ermittelt der Friedhof, wie viele Brunnen insgesamt vom Vandalismus betroffen sind. Viel Arbeit, denn auf dem Gelände gibt es nach eigenen Angaben rund 2.300 Schöpfbrunnen für die Grabpflege. Mit 389 Hektar und jährlich rund 4.000 Beisetzungen gilt Ohlsdorf als größter Parkfriedhof der Welt. „Bevor wir flächendeckend die Wasserversorgung hochfahren können, müssen erst alle Schäden gesichtet und beseitigt werden“, sagt Rehkopf.

Er bedauere, dass durch abgestellte Wasserleitungen in einigen Bereichen die Gräberpflege für Angehörige umständlicher sei. „Wir wissen, dass es beschwerlich ist, wenn Wasser über weitere Wege geholt werden muss“, sagt der Friedhofssprecher. Wann in diesem Jahr die Gießkannen wieder überall gefüllt werden können, sei noch nicht abzuschätzen: „Leider gibt es Lieferengpässe bei neuen Wasserhähnen“, sagt Rehkopf.

Beim Arbeitsgruppen-Sprecher Morgenroth wächst der Frust: „Gemeinsam mit anderen betroffenen Hinterbliebenen überlege ich, eine Sammelklage gegen den Friedhof wegen Minderleistung anzuschieben.“ Hinterbliebene würden mit den Gebühren auch die übliche Infrastruktur bezahlen, dazu gehöre die Gießwasserversorgung. Morgenroth selbst pflegt zwei Gräber in Ohlsdorf. Damit die Stiefmütterchen nicht vertrocknen, nehme er Wasserflaschen von Zuhause mit. Dies sei eine beschwerliche Notlösung. „Ich habe eine Gehbehinderung und kann nicht mehr so gut schleppen“, erklärt Morgenroth.

Dass sich Friedhöfe mit Vandalismus und Metall-Diebstahl auseinandersetzen müssen, kommt nicht nur in Hamburg immer wieder vor. „Das ist seit Jahren bundesweite Realität“, sagt Tobias Pehle, Geschäftsführer des Kuratoriums Immaterielles Erbe Friedhofskultur in Unna (Nordrhein-Westfalen). Vor allem Bronzeteile, Skulpturen oder Statuen von Gräbern würden gestohlen, Wasserhähne seien dagegen selten. Pehle: „So ein Verbrechen lohnt sich nur auf großen Friedhöfen, ein einzelner Wasserhahn bringt beim Schrotthändler nicht viel Geld.“

Hinter den Diebstählen stünden meist gut organisierte Banden, die Raubzüge würden generalstabsmäßig geplant und ausgeführt, die Friedhöfe vorher ausgekundschaftet, berichtet Pehle. Diebe würden teilweise mit schwerem Gerät anrücken, um größere Platten oder Skulpturen aus Gräbern zu brechen. Er plädiert für eine bessere Absicherung etwa durch Videoüberwachung an Friedhofszufahrten. Pehle: „Wir müssen mehr in Sicherheitssysteme investieren.“

Auch auf dem Friedhof Ohlsdorf gab es in diesem Jahr bereits Grabschändungen: Eine Grabschmuck-Urne, ein historischer Bronze-Engel und eine Grabplatte aus Metall wurden gestohlen. „Für betroffene Familien sind solche Diebstähle besonders schlimm“, weiß Friedhofssprecher Rehkopf. Gräber seien etwas sehr Persönliches, der Bronze-Engel habe über 100 Jahre auf einem Familiengrab gestanden. Dagegen lassen sich Wasserhähne einfacher ersetzen.