Die ganze Welt des US-Choreografen John Neumeier präsentiert das Festspielhaus Baden-Baden ab Freitag. Zwölf Tage lang zeigt das Tanzfestival „The World of John Neumeier“ Stücke des 84-jährigen Künstlers, der 50 Jahre lang Intendant des Hamburg Balletts war. Dort kreierte er im vergangenen Jahr das Stück „Dona nobis pacem“ (Gib uns Frieden). In Baden-Baden wird es erstmals am Freitagabend aufgeführt.
Nicht nur in diesem, sondern auch in den kommenden Jahren soll es „John Neumeier Festspiele“ geben, sagte Festspielhaus-Intendant Benedikt Stampa am Mittwoch vor Journalisten in Baden-Baden: „Damit wollen wir einen großen Beitrag zur Tanzkultur in Deutschland leisten.“ Eine entsprechende Vereinbarung bis 2030 sei am Mittwoch unterzeichnet worden.
Zu seinem Ballett „Dona nobis pacem“ wurde der gläubige Katholik Neumeier durch Johann Sebastian Bachs (1685-1750) Messe in h-Moll inspiriert, die als eine der bedeutendsten sakralen Kompositionen gilt. Sie endet mit dem lateinischen Wunsch nach Frieden. „Dona nobis pacem ist ein Statement, das allgemein Gültigkeit hat“, sagte der 84-Jährige, „nicht nur im furchtbaren Krieg in der Ukraine“.
Der Titel, den er bereits vor Kriegsbeginn am 24. Februar 2022 ausgewählt habe, sei ihm wichtig, auch wenn dies auf manche „naiv, pathetisch oder gar prätentiös wirken könnte“. Seit Jahren habe er vorgehabt, das Stück umzusetzen.
„Angesichts der um sich greifenden Unversöhnlichkeit in unserer Welt bot dieser Gedanke eine wichtige Anregung, mich mit Johann Sebastian Bachs vielschichtiger Komposition zu befassen“. Es sei von allen Bachschen Werken am kompliziertesten, weil es „keinen eigenen Handlungsfaden“ habe.
Beim diesjährigen Festival wird auch Neumeiers Klassiker, das Ballett „Dornröschen“ zu sehen sein. Weil die Musik vom russischen Komponisten Peter Tschaikowsky (1840-1893) stammt, sei dies nicht unumstritten. Dieser habe jedoch nichts mit dem jetzigen Krieg zu tun, betonte Neumeier.
Weitere Arbeiten werden auch abseits der Festspielhaus-Bühne gezeigt. Bis zum 10. Oktober soll sich nach dem Wunsch der Veranstalter ganz Baden-Baden als Tanzparkett präsentieren. Neumeier erklärte, er freue sich auf die unterschiedlichen Tanzstätten in der Stadt: „Das Ballett muss zu den Menschen gehen.“ Das habe er schon zu Beginn zu seiner Karriere gefordert und 1969 vorgeschlagen, in einem Einkaufszentrum zu spielen.
2024 wird das „John Neumeier Tanzfestival“ die Vereinigten Staaten von Amerika zum Thema haben. Geplant ist etwa die Aufführung von Neumeiers Tanzstücken „Glasmenagerie“ und „Endstation Sehnsucht“, die auf Werken des US-amerikanischen Schriftstellers Tennessee Williams basieren. Eingeladen ist auch die Joffrey Ballet-Compagnie aus Chicago.(2309/27.09.2023)