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Gerechte Sprache

Männer exklusiv oder Frauen und andere mit eingeschlossen? Über eine geschlechtergerechte Sprache, in der alle gleich – berechtigt vorkommen, wird viel diskutiert. Auch in der Kirche. Eine Gruppe von Frauen in Hamburg formulierte bereits zum Kirchentag 2017 in Berlin alternative Texte zu Kirchentagsliedern. Diese wurden abgedruckt. Jetzt machen sich die Frauen daran, liturgische Texte im Gottesdienstbuch umzuformulieren. Claudia Brand, Mitglied der Hamburger Gruppe Lesben und Kirche mit einem Titelkommentar.

Männer exklusiv oder Frauen und andere mit eingeschlossen? Über eine geschlechtergerechte Sprache, in der alle gleich – berechtigt vorkommen, wird viel diskutiert. Auch in der Kirche. Eine Gruppe von Frauen in Hamburg formulierte bereits zum Kirchentag 2017 in Berlin alternative Texte zu Kirchentagsliedern. Diese wurden abgedruckt. Jetzt machen sich die Frauen daran, liturgische Texte im Gottesdienstbuch umzuformulieren.

VonClaudia BrandMir fällt es manchmal schwer, es in meiner Kirche auszuhalten. Etwa wenn ich als feministisch geprägte Frau auf Formulierungen stoße wie: „Gott, unser Vater im Himmel“, „Komm in unsere stolze Welt, Herr“, „Der Herr behüte deinen Ausgang“ und so weiter. Begriffe wie patriarchal, hierarchisch, männerzentriert fallen mir dazu ein. Sie stören mich in der „profanen“ Gesellschaft schon seit den 1960er Jahren.

Aber Weglaufen ist keine Option. Deshalb setze ich mich immer wieder mit Menschen zusammen, die die evangelische Kirche weiter – entwickeln. Das klingt sehr selbstbewusst, klar. Aber die Bewahrerinnen und Bewahrer jahrhundertealter Formeln treten auch mit dem Anspruch auf, genau zu wissen, was richtig ist. Da helfen nur Graswurzel – arbeit und eigene Argumentation. Auch von Männern wird übrigens die Forderung nach geschlechtergerechter Sprache geteilt. Sie haben beispielsweise das Image des starken, herrschenden Mannes satt, wie es traditionelle kirchliche Bilder transportieren.

Ein guter Anfang ist mit der „Bibel in gerechter Sprache“ gemacht. Den Übersetzer*innen ging es nicht nur darum, den Frauen gerecht zu werden, die es schon zu „biblischen Zeiten“ gab. Es ging ihnen auch um Aspekte der Gerechtigkeit und die Anerkennung sozialer Realitäten.

Es ist sicher kein Zufall, dass sich Lesben und Schwule dieses Themas annehmen. Gerade sie erleben immer wieder, dass ihre „sozialen Realitäten“ von der Kirche in ihren Texten nicht wahrgenommen werden. So zeigte eine Gruppe der LuKHamburg (Lesben und Kirche) zum Kirchentag 2017 in Berlin, wie Texte im Kirchentags-Liederbuch „frei- TÖNE“ durch wenige Veränderungen umformuliert werden konnten. Das rein männliche Gottesbild wurde aufgeweicht oder zumindest infrage gestellt.

Die Reaktionen waren zum Teil heftig: Eine Redakteurin der Online- Ausgabe der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“ kritisierte: „Diese sogenannte gerechte Sprache schließt die einen aus, um die anderen einzuschließen. Sie entmündigt den Einzelnen und schreibt ihm unaufhörlich vor, wie er etwas verstehen soll.“ Ein erstaunlicher Vorwurf gegen Alternativ-Vorschläge wie „Gott“ statt „Herr“, „Dein Reich Gottes soll kommen“ statt „Deine Herrschaft soll kommen“. Genau als solche deklarierte die Vorschläge der Kirchentag im Anschluss an die herkömmlichen Texte. Solche Anwürfe schmeichelten uns. Denn mit einer so großen Aufmerksamkeit hatten wir gar nicht gerechnet. Auch auf Facebook wurden unsere Alternativ- Vorschläge ausführlich diskutiert.

Jetzt heißt es: Weitermachen! Und zwar mit dem Evangelischen Gottesdienstbuch, der Agende für die Evangelische Kirche. Neben den biblischen Lesungen und den Liedern prägen die liturgischen Texte nicht nur jeden Gottesdienst, sondern auch das Gottesbild. Deshalb hinterfragt jetzt eine Gruppe von Frauen die Teile des Gottesdienstes und entwickelt alternative Formulierungen.

Das Votum zur Eröffnung lautet: LiturgIn: „Im Namen des Vaters, des Sohnes und des Heiligen Geistes.“ Gemeinde: „Amen.“ LiturgIn: „Unsere Hilfe steht im Namen des Herrn …“ Gemeinde: „der Himmel und Erde gemacht hat.“ Wir schlagen für einen frauen – gerechteren Text vor: LiturgIn: „Wir sind hier im Namen Gottes.“ Gemeinde: „die Himmel und Erde hervorbringt.“ LiturgIn: „Im Namen Jesu.“ Gemeinde: „der für uns Mensch geworden ist.“ LiturgIn: „und im Namen der heiligen Geistkraft“. Gemeinde: „die uns leitet und bewegt/trägt.“

Sicher wird es wieder Gegenwind geben, mit Verweis auf die Tradition, die für die Kirche so wichtig sei. Ich halte auch viel von Traditionen. Aber Überlieferung und Brauch schließen Wandel und Weiterentwicklung nicht aus. Im Gegenteil.