Frauen kämpfen seit über 125 Jahren um ihren Platz an deutschen Hochschulen. Heute stellen sie mehr als die Hälfte der Studierenden, doch in Spitzenpositionen bleibt Nachholbedarf.
2,871 Millionen Studierende sind im laufenden Wintersemester eingeschrieben, der Frauenanteil liegt nach Angaben des Portals Statista derzeit bei 51,1 Prozent. Seit dem Wintersemester 2021/22 gibt es an deutschen Hochschulen etwas mehr Studentinnen als Studenten. Vor 125 Jahren hätte das wohl niemand für möglich gehalten.
Zu den Pionierinnen des Frauenstudiums gehört Johanna Kappes (1873-1933), deren Hartnäckigkeit den Weg für Frauen an die Universität geebnet hat. 1899 wurde in Karlsruhe erstmals im Deutschen Reich ein Frauengymnasium gegründet; Kappes war eine der ersten Abiturientinnen. Doch sie wollte mehr: ein Medizinstudium mit anerkanntem Abschluss. Mit ihrer Eingabe an das Badische Ministerium für Justiz, Kultus und Unterricht hatte sie Erfolg. Kappes gilt als erste weibliche Studentin in Deutschland.
Ab dem 28. Februar 1900 durften sich fortan Frauen an den Universitäten des Großherzogtums Baden einschreiben, also in Heidelberg und Freiburg. 1909 konnten sie schließlich in allen deutschen Ländern studieren. Das hieß allerdings nicht, dass die Studentinnen von ihren männlichen Mitstudenten und dem ausschließlich männlichen Lehrkörper herzlich willkommen geheißen wurden.
Der Neurologe Paul Julius Möbius (1853-1907) veröffentlichte ungefähr gleichzeitig das Buch “Über den physiologischen Schwachsinn des Weibes”. Auf 23 Seiten heizte er die Diskussion um das Frauenstudium weiter an, indem er behauptete, Frauen hätten eine geringere geistige Begabung als Männer. Das diene der Arterhaltung. Den Weg zum Frauenstudium konnte er damit nicht ernsthaft blockieren.
Studieren ja, vielleicht auch eine Doktorarbeit schreiben – aber mehr war für die jungen Frauen kaum möglich. Das musste etwa die 1998 heiliggesprochene Ordensfrau Edith Stein (1891-1942) erfahren. 1916 erhielt sie eine Spitzennote für ihre philosophische Doktorarbeit und konnte als wissenschaftliche Assistentin bei ihrem Doktorvater Edmund Husserl in Freiburg anfangen.
Stein strebte danach, die erste Philosophieprofessorin Deutschlands zu werden, doch ihre Habilitation wurde an vier Universitäten abgelehnt – trotz ihrer herausragenden Leistungen. Erst 1947 gelang es einer Frau – Liselotte Richter -, eine Professur im Fach Philosophie an der Berliner Humboldt-Universität zu erlangen und damit das zu erreichen, was Stein verwehrt blieb.
Viel hat sich seither getan an den deutschen Universitäten, aber es ist noch Luft nach oben. Der Frauenanteil unter den knapp 51.900 hauptberuflichen Professorinnen und Professoren an Hochschulen in Deutschland lag zum Jahresende 2023 bei 29 Prozent, stellte das Statistische Bundesamt fest. Besser sieht es aus bei dem Frauenanteil unter den wissenschaftlichen Mitarbeiterinnen unterhalb einer Professur; er liegt bei 45 Prozent. Je höher die Stufe der akademischen Leiter, desto niedriger die Frauenanteile, so die Zeitschrift “Forschung&Lehre”, die vom Deutschen Hochschulverband herausgegeben wird.